Sanieren der Straßen statt Spatenstiche

Verkehrsminister Winfried Hermann rief in seiner Haushaltsrede dazu auf, die Infrastruktur des Landes nachhaltig zu sanieren: „Kurzsichtige Spatenstichpolitik bei nicht durchfinanzierten Projekten hilft nicht weiter, sondern verschärft die Finanzmisere.“

„Wir leben von der Substanz“, erklärte Hermann. „Die Infrastruktur ist auf allen Ebenen und bei allen Verkehrsträgern drastisch unterfinanziert, das wissen alle Verkehrspolitiker.“ Die Bund-Länder-Kommission zur künftigen Verkehrsinfrastrukturfinanzierung hat in ihrem aktuellen Zwischenbericht ein bundesweites Defizit von über 7 Milliarden Euro pro Jahr errechnet. „Wenn wir nachhaltige Politik betreiben wollen – mit mehr ÖPNV, einer besseren Vernetzung der Verkehrsmittel und Straßen in ordentlichem Zustand, dann brauchen wir mehr Geld für Erhalt und Modernisierung.“ Hermann rief alle Seiten dazu auf, die verschiedenen Vorschläge für eine bessere Ausstattung – beispielsweise durch Infrastrukturabgaben – offen zu diskutieren.

In Baden-Württemberg mache sich die Misere bei der Finanzierung auch beim Straßenbau bemerkbar. Teure Projekte, die von der Vorgängerregierung durch einmalige Sonderprogramme angeschoben wurden, haben sich gegenüber der angesetzten Planung als wesentlich teurer erwiesen. Der Finanzierungsbedarf, diese Straßen fertig zu stellen, verbrauche etwa 2014 rund 75 Prozent der für Straßenbau vorgesehenen Haushaltsmittel. „Eine Politik der Spatenstiche erfordert eine Politik der Sonderprogramme – das belastet jetzige und künftige Haushalte. Damit muss Schluss sein“, so Hermann. „Unsere Aufgabe ist es, unhaltbare Versprechungen einzusammeln und die Finanzierung von Verkehrsprojekten auf eine solide Basis zu stellen.“

Ziel der Landesregierung sei es, die vorhandenen Mittel zielgerichtet und anhand fachlicher Kriterien dort einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Die Landesregierung habe nach einem ehrlichen Kassensturz die angemeldeten Projekte zum Ausbau von Landes- und Bundesfernstraßen einer objektiven Prüfung unterzogen und priorisiert. „Der Schwerpunkt wird zukünftig auf Sanierung vor Aus- und Neubau liegen.“

Umso ärgerlicher sei das Vorgehen des Bundes, mit seinem Straßensonderprogramm bei den Bundesfernstraßen Neubeginne vorzuziehen, für die sich Wahlkreisabgeordnete der CDU eingesetzt hatten. „Die im Bundeshaushalt eingestellten Mittel reichen nur für einen Spatenstich. Dann ruhen die Baustellen für ungewisse Zeit. Diejenigen, die unter dem Lärm und dem Verkehr an Stellen leiden, an denen ein Aus- und Neubau dringlicher wäre, warten womöglich Jahre länger auf eine Verbesserung ihrer Situation“, so Hermann.

Beim Schienenpersonennahverkehr (SPNV) setzt das Land mit einem finanziellen Kraftakt von 450 Millionen Euro bis 2019 auf Ausbau und Verbesserung. Durch zusätzliche 60 Millionen Euro aus Landesmitteln und Umschichtungen gleicht es die gestiegenen Kosten für den Betrieb und das Defizit bei den vom Bund bereit gestellten Regionalisierungsmitteln aus.

Um einen Ausbau des Angebots zu erreichen, hat das Ministerium eine neue Konzeption für die Neuausschreibung der SPNV-Verbindungen entwickelt. 16 Netze mit insgesamt 84 Millionen Zugkilometern werden in den kommenden Jahren neu vergeben. Das Land erhofft sich durch den Wettbewerb einen Ausbau des Angebotes um bis zu 15 Prozent und günstigere Preise, als es derzeit an den dominierenden Anbieter Deutsche Bahn auf Basis des ohne Wettbewerb geschlossenen großen Verkehrsvertrages bezahlt.

(Es gilt das gesprochene Wort)

Quelle: Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg