06.08.2014 – Mittels Leitpfostenzählgeräten mit Lärmmesstechnik will das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur das Lärmproblem durch die Manipulation von Schalldämpfern gezielt angehen und so im Kampf gegen Verkehrslärm vorankommen. Die Polizei unterstützt die Aktion mit einer Schwerpunktkontrolle. Innenminister Reinhold Gall und die Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Staatsekretärin Gisela Splett, haben in Löwenstein einen Prototypen vorgestellt.
Ergänzend hat die Polizei auf der Bundesstraße 39 bei Löwenstein Anhaltekontrollen bei Motorrädern durchgeführt, die auf der Stecke als besonders laut aufgefallen sind.
„Die Lärmmessung mit Leitpfostenzählgeräten ist ein erfolgversprechender Ansatz, mit dem Baden-Württemberg bundesweit Pilotfunktion übernimmt. Mit der Entwicklung von Verfahren zur Lärmpegelerfassung durch Leitpfostenmessgeräte am Fahrbahnrand wollen wir die Bewertungs- und Beurteilungsvorschriften zum Motorradlärm weiterentwickeln und die Kontrollmöglichkeiten verbessern“, so Splett. Die Messung erfolgte hierbei mit einem Prototyp des zur Lärmmessung optimierten Leitpfostenzählgerätes.
Aufgefallene Motorräder wurden unweit der Messstelle von der Polizei einer Kontrolle unterzogen und auf nicht zugelassene Auspuffanlagen vom Motorrad-Kompetenzteam der Polizei überprüft. „Es spricht viel dafür, dass derjenige, der sein Fahrzeug unzulässig technisch manipuliert, sich auch sonst nicht an die Verkehrsregeln halten will“, sagte Innenminister Reinhold Gall. Leider sei der Trend bei den Unfällen mit Motorrädern alarmierend. Die Polizei werde daher mit landesweiten Überwachungsaktionen an den Sonntagen, 10. August, 24. August und 7. September, ein Zeichen setzen. Selbstverständlich werde neben dem Verkehrsdienst auch der Streifendienst mit Geschwindigkeitskontrollen im täglichen Einsatz kontrollieren. „Mit den neuen Leitpfosten stehen künftig objektive Messergebnisse über die Lärmbelastung zur Verfügung, die der Polizei eine gezielte und effektive Verkehrsüberwachung erleichtert“, sagte der Innenminister.
Die besondere Lärmentwicklung bei Motorrädern ergibt sich vor allem aus der Fahrweise beim Beschleunigen und Verzögern in Verbindung mit hohen Motordrehzahlen. Die Ausnutzung der fahrdynamischen Möglichkeiten ist aber kein Verkehrsverstoß. „Ich setze mich deshalb für anspruchsvolle Lärmbegrenzungsvorschriften für Motorräder bei der Zulassung ein“, betont die Lärmschutzbeauftragte. Baden-Württemberg hatte bereits im Herbst 2012 im Bundesrat eine Mehrheit für einen Antrag erhalten, dessen Zielsetzung die Begrenzung des von Motorrädern ausgehenden Lärms durch verschärfte Genehmigungsvorschriften war. Auf europäischer Ebene wurden die Vorschläge Baden-Württembergs aber bisher noch nicht berücksichtigt. Auch in Brüssel geführte Gespräche haben bislang keine Hoffnung auf eine zeitnahe Verbesserung des europäischen Regelwerks gemacht. Das Land hat sich in der jüngsten Vergangenheit wiederholt für die Minderung der von Motorrädern ausgehenden Lärmbelastung eingesetzt.
Durch die technische Weiterentwicklung der ursprünglich rein zur Verkehrszählung verwendeten sogenannten Leitpfostenzählgeräte zur Lärmmessung erhofft sich das Land weitere Handlungsoptionen im Kampf gegen Verkehrslärm. Als vielversprechend in dieser Hinsicht hat sich aus Sicht des Landes ein Modellprojekt im Südschwarzwaldort Todtnau-Präg (Kreis Lörrach) erwiesen. Wie die Bundesstraße 39 bei Löwenstein handelt es sich dort um eine bei Motorradfahrern beliebte Bergstrecke. Mit dem neuen Verfahren können Geschwindigkeitsverläufe und Lärmwerte einzelner Fahrzeuge ermittelt werden.
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Normalerweise werden Lärmprobleme an Straßen anhand gemittelter Lärmpegel für den Tag oder die Nacht beurteilt. Durch solch eine Betrachtung der typischen Lärmsituation wird jedoch der Motorradlärm, der gehäuft auf bestimmten Strecken und an bestimmten Tagen (z.B. bei schönem Wetter und am Wochenende) auftritt, nur unzureichend erfasst. Gerade in untypischen Situationen wie auf Bergstrecken, auf denen sehr viele Motorradfahrer unterwegs sind, sind Mittelwerte nur bedingt aussagekräftig, weil ein schnell vorbei fahrendes Motorrad eine vergleichsweise kurze Lärmspitze verursacht, die den Mittelwert nur geringfügig beeinflusst. Aus Sicht des Landes ist es deshalb wichtig, für solche Strecken ein kostengünstiges Verfahren zu entwickeln, mit dem die auffällig lauten Motorräder erfasst werden können.
Lärm durch Motorräder wird aus unterschiedlichen Gründen als stark störend wahrgenommen. Dies liegt zum einen an dem bauartbedingten Klangcharakter, der sich aus anderen Umgebungsgeräuschen hervorhebt, welcher bei lärmerhöhender Fahrweise und ggfs. auch durch Manipulationen an der Auspuffanlage noch verstärkt wird. Die bei Präg gemessenen Lärmpegelverläufe der einzelnen Fahrzeuge zeigen eine breite Streuung. Sowohl bei Motorrädern als auch bei Pkw bestehen große Lautstärke-Unterschiede zwischen einzelnen Fahrzeugen.