Länder brauchen mehr Geld für den Schienenverkehr

Foto-KW.-Koch06.02.2015 – Bund gefährdet Erfolg des umweltfreundlichen ÖPNV – Anhebung der Regionalisierungsmittel unerlässlich.

Die Bundesländer brauchen nach den Worten des baden-württembergischen Verkehrsministers Winfried Hermann dringend eine verlässliche Finanzausstattung für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Angesichts der drastisch gestiegenen Trassen- und Stationsgebühren sowie der Energiekosten müsse der Bund die Regionalisierungsmittel deutlich erhöhen, mit denen die Länder die Züge im SPNV bestellen und finanzieren, sagte Minister Hermann am 06.02.15 im Bundesrat.

Die Länder hätten die ihnen durch die Bahnreform Anfang der 1990er Jahre übertragene Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr genutzt, um für ein deutlich besseres ÖPNV-Angebot zu sorgen. „Die Bahnreform ist eine Erfolgsgeschichte. Immer mehr Menschen nutzen Busse und Bahnen. Allein in Baden-Württemberg können wir einen Zuwachs von rund 60 Prozent verzeichnen“, unterstrich Minister Hermann.
Diese für den Schutz der Umwelt und des Klimas notwendige Entwicklung sei aber in Gefahr, weil der Bund nicht für eine weitere verlässliche Finanzierung des SPNV sorge. Bei einer Kürzung der Mittel müssten die Länder das Angebot im Schienenpersonennahverkehr erheblich einschränken. Obwohl Ende 2014 das Regionalisierungsgesetz ausgelaufen sei, habe der Bund es versäumt, rechtzeitig für eine angemessene Folgeregelung zu sorgen. Deshalb hätten sich die Länder nach langen und schwierigen Verhandlungen auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf geeinigt und diesen einstimmig im Bundesrat verabschiedet. Der vom Bund daraufhin kurzfristig vorgelegte Entwurf mit dem Ziel, die bisherige Regelung mit dem seitherigen Finanzvolumen und 1,5 Prozent Steigerung um ein Jahr fortzuführen, bringe den Ländern gar nichts. Denn sie bräuchten für langfristige Verträge mit SPNV-Anbietern Planungssicherheit.

Minister Hermann kritisierte, dass sich der Bund mit diesem Verhalten am Rande der Verfassungswidrigkeit bewege: „Das Grundgesetz schreibt die Zuständigkeit der Länder für den SPNV und die Verpflichtung des Bundes fest; die Länder haben diese Aufgabe nur übernommen mit der Garantie für eine auskömmliche Mittelzuweisung.“ Falls der Bund nicht einlenke, würden die Länder den Gang ins Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat beschreiten, kündigte der Minister an. Die Regionalisierungsmittel zur Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs müssen aus Sicht des Bundesrats deutlich angehoben und stärker an die Preissteigerungen angepasst werden. Dies hatte die Länderkammer am 28.11.2014 einstimmig auf Antrag aus Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz,  Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen beschlossen. Der Beschluss hat zum Ziel, im Zeitraum 2015 bis 2030 eine auskömmliche Finanzierung des SPNV zu sichern.

Er sieht eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel von derzeit 7,3 Milliarden Euro auf rund 8,5 Milliarden Euro pro Jahr vor. Dies würde im Nachhinein die bisherigen Preissteigerungen abgelten. Zudem müssten künftige Kostensteigerungen durch eine Dynamisierungsrate von bis zu 2 Prozent abgedeckt werden und darüber hinaus gehende Preissteigerungen bei der Infrastruktur durch den Bund übernommen werden. Außerdem soll die Verteilung der Mittel unter den Ländern neu geregelt werden. Hier ist eine progressive Aufstockung des Anteils Baden-Württembergs von derzeit etwa 10,4 Prozent auf rund 12 Prozent bis 2030 vorgesehen.

 

Hintergrund
Die Regionalisierungsmittel sind eine unverzichtbare Säule zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).

Die horizontale Verteilung der Regionalisierungsmittel auf die Bundesländer basiert auf den Zugkilometern im SPNV im Fahrplanjahr 1993/94 und ist seit Inkrafttreten des Regionalisierungsgesetzes im Jahr 1996 nahezu unverändert. Baden-Württemberg erhält derzeit einen festen Anteil von 10,4 Prozent der Regionalisierungsmittel, dies war 2014 von der Gesamtsumme von rund 7,3 Milliarden Euro ein Betrag von circa  762 Millionen Euro.

In Baden-Württemberg wurde seit der Regionalisierung im Jahr 1996 die Zahl der vom Land bestellten Zugkilometer um rund 30 Prozent, die Fahrgastzahlen sogar um 60 Prozent gesteigert. Die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs steht jedoch aktuell vor großen Herausforderungen. Der zukünftig steigende Bedarf an SPNV macht eine Leistungsausweitung erforderlich, die zusätzlich finanziert werden muss. Das Land hat im Juni das Zielkonzept 2025 vorgestellt, das zur Deckung dieses Bedarfs eine Angebotsausweitung in Zugkilometern von über 20 Prozent gegenüber dem Status quo vorsieht.

Von 2009 bis 2013 sind die Ausgaben des Landes allein für Stations- und Trassenpreise um fast 30 Prozent gestiegen, während die zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel nur um gut 6 Prozent gestiegen sind. Hinzu kommen weitere Kostensteigerungen. Dies führte dazu, dass Baden-Württemberg im Jahr 2014 rund 84 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zuschießen musste.

Quelle: Ministerium für Verkehr und Infrastruktur