15.10.2014 – Das Land steht weiterhin zum ÖPNV-Projekt Regionalstadtbahn Neckar-Alb. „Dies ist ein Schlüsselprojekt für eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung in der Region Reutlingen/Tübingen“, erklärten Verkehrsminister Winfried Hermann und Finanzminister Nils Schmid am Mittwoch nach einem Gespräch mit Vertretern der betroffenen Landkreise und der Stadt Tübingen. Die Minister boten dabei den Landräten Thomas Reumann (Reutlingen) und Günter-Martin Pauli (Zollernalbkreis), dem stellvertretenden Landrat Hans-Erich Messner (Tübingen) sowie dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer zusätzliche Sicherheiten für die Realisierung des ersten Moduls des Projekts Regionalstadtplan an.
Die Minister Hermann und Schmid betonten, die Landesregierung habe sich bei den Erwartungen der Region Neckar-Alb bezüglich der Absicherung von ausfallenden Bundesmitteln erheblich bewegt. Trotz nicht direkt vergleichbarer Parallelfälle anderer großer ÖPNV-Projekte in Baden-Württemberg sei das Land bereit, das Risiko für den zum ersten Modul gehörenden DB-Streckenanteil zu übernehmen. Damit ist die ursprüngliche Kernforderung der Landkreise erfüllt. Überdies boten die Minister an, mit der kommunalen Seite Gespräche über eine weitere Absicherung der Finanzierung aufzunehmen, sobald auf Bundesebene über eine Nachfolgeregelung für das 2019 auslaufende Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) oder über einen Ausfall von Bundeszuschüssen entschieden wurde. Damit ist das Land in der gegebenen Situation an die Grenze seiner Möglichkeiten gegangen.
Die Landräte hatten jedoch gefordert, das Land müsse auch das Kostenrisiko für die kommunalen Strecken für den Fall übernehmen, dass der Bund seine Förderung aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz unter den bisher üblichen 60-Prozent-Anteil senken oder ganz streichen würde.
Die Minister baten die Landräte hingegen, anzuerkennen, dass auch das Land ebenso wenig wie die Landkreise unbegrenzt die Risiken ausbleibender Bundesmittel übernehmen könne. Verkehrsminister Hermann erklärte: „Statt objektiv Unmögliches zu verlangen sollten Land und Kommunen gemeinsam pragmatische Wege suchen, um dieses für die Region enorm wichtige Vorhaben zum Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs zu verwirklichen. Es ist nicht zielführend, sich gegenseitig vorzuwerfen, nicht die Risiken zu übernehmen, die ein Dritter – nämlich der Bund – verursacht. Wir müssen gemeinsam einen gangbaren Weg suchen, das Projekt voranzubringen und die Entscheidungen jeweils dann zu treffen, wenn sie nötig und auch möglich sind.“
Finanzminister Schmid sagte: “Wir sind den kommunalen Partnern weit entgegen gekommen. Für die kommunal getragenen Strecken ist aber eine Übernahme der Risiken aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Projekten im Land nicht leistbar. Dies hätte Präzedenzwirkung für alle Projekte im Land, die auch der Landeshaushalt nicht tragen kann.“
Die beiden Minister erklärten, dass sie grundsätzlich bereit sind, über eine Finanzierungsgarantie zu sprechen, jedoch nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Zunächst einmal sind die Kommunen gefordert, wie alle Antragsteller ihre Aufgaben der Planungsphase abzuschließen. Erst danach – vor einer Entscheidung über die Realisierung – brauche das Projekt Finanzierungssicherheit. Es bestehe die Chance, dass bis zu diesem Zeitpunkt Klarheit über die Zukunft des Bundesprogramms bestehe, so dass die Forderungen zur Absicherung gegenwärtig zum falschen Zeitpunkt kämen. Diese Reihenfolge sei geübte Praxis, das Risiko der Planungskosten überschaubar und auch von anderen Kommunen akzeptiert.
Hintergrund: Das Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Bundes-GVFG)
Die Förderung von Projekten im Öffentlichen Personennahverkehr nach dem Bundes-GVFG läuft zum Jahr 2019 aus. Bund und Länder hatten diese Finanzierungsform im Zuge der Föderalismusreform zur Entflechtung der Aufgaben von Bund und Ländern vereinbart. Große Infrastrukturprojekte, deren Kosten mehr als 50 Mio. Euro betragen, werden nach dem GVFG Bundesprogramm bezuschusst. 60 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten kommen vom Bund, weitere 20 Prozent aus der Ko-Finanzierung des Landes. Die Vorhabenträger müssen einen Eigenanteil von 20 Prozent sowie die Planungskosten finanzieren. Eine Nachfolgeregelung für das Bundes-GVFG gibt es trotz des Drängens der Verkehrsminister der Länder bis-her nicht. Deshalb müssen ÖPNV-Vorhaben bis 2019 geplant, finanziert, gebaut und abgerechnet sein, wenn für sie Mittel aus dem Bundes-GVFG fließen sollen.
Hintergrund: Die Regionalstadtbahn Neckar-Alb
Die Regionalstadtbahn Neckar-Alb ist ein geplantes Zweisystem-Stadtbahnsystem, mit dem das Angebot des ÖPNV und die gesamte Verkehrssituation in der Region Neckar-Alb deutlich verbessert werden soll. Nach dem Vorbild des Karlsruher Modells sollen unter anderem die Innenstädte von Tübingen und Reutlingen über umsteigefreie Stadtbahnverbindungen mit der umliegenden Region bis nach Herrenberg, Bad Urach, Balingen und Albstadt verbunden werden.
Gemeinsame Erklärung
Die Ministerien für Verkehr und Infrastruktur sowie für Finanzen und Wirtschaft haben sich am 15.10.2014 mit den Vertretern der kommunalen Seite aus der Region Neckar-Alb vorbehaltlich der Zustimmung der betroffenen Gremien (Landeskabinett und Kreistage) auf eine gemeinsame Erklärung zur Umsetzung des ersten Moduls im ÖPNV-Projekt Regionalstadtbahn verständigt.
Entwurf einer gemeinsamen Erklärung zur Umsetzung der Regionalstadtbahn Neckar-Alb