Mit einer Informationsveranstaltung endete der „Bürgerdialog B27“ zu den Knotenpunkten „Bläsibad“ und „Tübinger Kreuz“ des Schindhaubasistunnels.
Anlass für den „Bürgerdialog B 27“ waren die Tübinger Kreuz – Variante BürgerInnenEntwürfe des Regierungspräsidiums Tübingen für die Knotenpunkte, mit denen der Schindhaubasistunnel im Süden („Bläsibad“) mit der Hechinger Straße und im Norden („Tübinger Kreuz“) mit der B 28 verknüpft werden soll. Hierfür hatte das Regierungspräsidium einen ersten Entwurf im Frühjahr 2012 dem Tübinger Gemeinderat und im Frühsommer 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Bürgerdialog wurde seit dem 27. Juni 2012 gemeinsam mit 25 interessierten und zum Teil in verschiedenen Initiativen organisierten Bürgerinnen und Bürgern, dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg, dem Regierungspräsidium Tübingen und der Universitätsstadt Tübingen sowie Vertretern der Industrie und Handelskammer Reutlingen geführt. Hierbei wurde unter der Leitung eines externen Moderators diskutiert, welche Grundsätze der Planung zu Grunde gelegt wurden und ob es Alternativen zu den vorgelegten Entwürfen gibt.
Im Rahmen des Bürgerdialogs wurden von Seiten der Bürgerinnen und Bürger sowie der Universitätsstadt Tübingen zwölf Knotenpunktvorschläge für den Südknoten („Bläsibad“) und den Nordknoten („Tübinger Kreuz“) entwickelt und in die Diskussion eingebracht. Dabei spielten unter anderem die Reduzierung des Flächenverbrauchs, der Erhalt zusammenhängender, größerer Freiräume im unmittelbaren Siedlungsbereich, die strukturelle und architektonische Betonung der Stadteingangssituation, die Erschließung und Anbindung benachbarter Stadtquartiere eine wichtige Rolle. Die Vorschläge wurden in fünf Workshops in intensiver und konstruktiver Zusammenarbeit gemeinsam mit den Planern und Fachgutachtern des Regierungspräsidiums auf Vor- und Nachteile sowie deren grundsätzliche Machbarkeit hin geprüft und beurteilt.
Als Ergebnis liegen nun sowohl für den Südknoten („Bläsibad“) als auch den Nordknoten („ Tübinger Kreuz“) Alternativen auf dem Tisch, die mit Hilfe der Planer des Regierungspräsidium Tübingen soweit technisch optimiert wurden, dass sie nach derzeitigem Erkenntnisstand als gleichwertige Lösung zur bisher vorliegenden Planung angesehen werden können. Die alternativen Lösungen bedürfen jedoch noch der weiteren planerischen Konkretisierung.
Verkehrsminister Winfried Hermann sagte: „Dieser Bürgerdialog hat ein immer wieder angeführtes Vorurteil widerlegt: Das Bürgerbeteiligung immer zu höheren Projektkosten führt. Das Gegenteil ist hier der Fall: Die vorliegenden Lösungsansätze sind voraussichtlich billiger als die Eingangsvariante.“ Staatsrätin Gisela Erler lobte das Engagement des Regierungspräsidiums, der Universitätsstadt Tübingen und des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur: „Der durchgeführte Bürgerdialog wird sicherlich die Akzeptanz für die Planung erhöhen und der Aufwand an Zeit und Ressourcen, der in diesem intensiv geführten Dialog eingebracht wurde, das spätere Rechtsverfahren von vielen Diskussionen und Auseinandersetzungen entlasten. Die Landesregierung fördert eine solche Einbindung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Dabei bauen wir auf die Erfahrungen der Städte und Gemeinden, der Landkreise und Regierungspräsidien. Gepaart mit dem Einsatz und dem Erfahrungswissen der Bürgerinnen und Bürger können früh gute Lösungen entwickelt werden.“
Regierungspräsident Hermann Strampfer sagte: „Wir begrüßen den Bürgerdialog. Er fördert nicht nur die Transparenz, sondern auch die Akzeptanz und das Verständnis für die komplexe Arbeit der Fachleute der Verwaltung. Auch dies ist ein Vorteil des konstruktiven Austauschs, selbst wenn dieser ressourcenintensiv ist.“ Und auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer zeigte sich erfreut: „Vor einem Jahr glaubte ich noch, Tübingen müsse sich auf ein Autobahnkreuz direkt am Stadtrand einstellen. Jetzt haben die Vorschläge aus der Bürgerschaft eine viel einfachere und schonendere Variante hervorgebracht. Das ist ein Glücksfall für die Stadt und ein Meilenstein in der Beteiligungskultur für die Straßenbauplanung. Ich danke allen Beteiligten und bin froh, dass Bürgerschaft und Stadtverwaltung mit ihren Beiträgen vom Land erhört wurden.“
Der Entwurf des Regierungspräsidiums Tübingen zum Südknoten „Bläsibad“ fand insgesamt Zustimmung. Angezweifelt wurde jedoch der Bedarf von zwei Rampen für die Richtungsbeziehungen Hechingen-Tübinger Südstadt. Der nun vorliegende neue Vorschlag hat ein Brückenbauwerk weniger, stattdessen wird der Abbiegeverkehr über den bestehenden Kreisel abgewickelt.
Wesentlich grundsätzlicher wurde über die Ausführung des Nordknotens „Tübinger Kreuz“ diskutiert. Intensiv suchten die Bürgerinnen und Bürger nach Alternativen zum „Einfachanschluss“ des Regierungspräsidiums Tübingen, der mehrere hohe Brücken beinhaltet und zu einer relativ hohen Flächeninanspruchnahme führt. Den größten Anklang bei den Beteiligten fand der Ansatz, in der Nähe des Tunnels eine zweite Ampel zu installieren und den Verkehr dort als Linksabbieger – ähnlich wie im Bestand – nach Stuttgart zu führen. Dieser „Zweifachanschluss“ erfüllt, wenn auch nicht so optimal wie der Entwurf des Regierungspräsidiums Tübingen, alle verkehrlichen Belange. Deutliche Unterschiede zum „Einfachanschluss“ zeigten sich aber bei der Betrachtung der Lärmsituation. Deshalb wurde zur Optimierung des „Zweifachanschlusses“ vorgeschlagen, die bestehende B 28 etwas vom Französischen Viertel abzurücken und mittels einer Bebauung entlang der B 28 den Lärmschutz zu verbessern („Zweifachanschluss modifiziert“).
Um den Tunnel selbst ging es bei dem Bürgerbeteiligungsprozess nicht mehr. Nachdem die Basistunnellösung – unter anderem nach Prüfung durch den Bundesrechnungshof – erreicht werden konnte, einigten sich alle Beteiligten darauf, die Tunnelführung nicht mehr in Frage zu stellen.
Die im Rahmen des Bürgerdialogs entwickelten alternativen Lösungen stellen eine gute Grundlage für die weitere planerische Konkretisierung der Knotenpunkte dar. Im Anschluss daran erfolgt nach Abwägung aller Belange und in enger Abstimmung mit der Universitätsstadt Tübingen, dem Ministerium für Verkehr und Infrastruktur sowie dem Baulastträger Bund die Entscheidung für die endgültigen Knotenpunktslösungen.