Schwäbisches Tagblatt: Kolumne vom 14.05.2010
Autor: admin | Kategorie: Schwäbisches Tagblatt, Wahlkreis TübingenGetrieben
Wir erleben derzeit eine beispiellose, weltweite Finanzmarktkrise. Was vor zwei Jahren als Pleite einer großen US-Bank begann, hat sich schnell zur globalen Finanz-, Wirtschafts- und Politikkrise entwickelt. Mit hunderten von Milliarden (Staatsbürgschaften) wurden Banken gerettet und (teil-) verstaatlicht.
Schulden und faule Kredite wurden von der Allgemeinheit übernommen. Die gewaltigen und unglaublich teuren Rettungsaktionen wurden unternommen, weil ohne sie vermutlich das gesamte Finanzsystem zusammengebrochen wäre. Insofern waren sie alternativlos. Die Warnungen, dass die Finanzmärkte dringend reguliert werden müssten, wurden von der neoliberalen Politik zu lange überhört. Die schwarz-gelbe Bundesregierung versprach schließlich, wie viele andere Regierungen der G 20 Staaten, die ungezügelten, undurchsichtigen und hoch spekulativen Finanzgeschäfte global so zu regeln, damit solche Krisensituationen nie mehr vorkommen würden. Den späten Einsichten folgten leider keine Konsequenzen. Das Casino wurde alsbald wieder geöffnet, die wenigen Einschränkungen aufgehoben, und die Spekulationsgeschäfte im globalen Maßstab gingen weiter. Allerdings in neuer Dimension. Gefährdet waren inzwischen nicht mehr nur Banken, sondern ganze Staaten, die EU und der Euro als die gemeinsame Währung. Für über 120 Milliarden wurde nach langem Zögern der Bundesregierung ein Rettungspaket für Griechenland als Bürgschaft der EU-Staaten geschnürt. Und während der Bundestag den deutschen Anteil von 23 Milliarden verabschiedete, wurde in Brüssel bereits ohne die deutsche Regierung (!) das nächste Paket verhandelt, diesmal für alle bedrohten Euroländer, diesmal mit einem Rettungsfonds von 750 Milliarden, bei dem Deutschland mit über 120 Milliarden bürgen soll. Die Politik, das zeigen diese Ereignisse überdeutlich, vor allem die Bundesregierung wird durch die Finanzmarktkrise getrieben, von planungsvollem, vorsorgendem Handeln kann keine Rede sein. Es wird aber höchste Zeit, dass die riskanten Spekulationsgeschäfte endlich unterbunden werden, möglichst weltweit. Mit einer Finanztransaktionssteuer können die Spekulationen gedrosselt und die Einnahmen zur Risiko- und Schuldenabsicherung verwendet werden. Die Krise der Finanzmärkte und des europäischen Währungssystem lehren aber vor allem, dass wir dringend eine einheitliche, starke europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik brauchen Zeit. Eine Währungsunion mit nationaler Wirtschafts- und Finanzpolitik ist zum Scheitern verurteilt.
Tags: Finanzkrise