PM: Stuttgart 21: Bundesregierung und Deutsche Bahn AG machen Falschaussagen

Autor: admin  |  Kategorie: Bahn, Pressemitteilungen, Stuttgart 21

Zur Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage zum Sachstand der Bahnprojekte Stuttgart 21 und Neubaustrecke (Bundestagsdrucksache 17/3269) erklärt Winfried Hermann MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Seit Jahren behauptet die Bundesregierung, das Doppelprojekt Stuttgart 21 sei das am besten gerechnete Bahnprojekt Deutschlands, obwohl sie nicht über die wirklichen Daten und Fakten verfügt oder diese als Betriebsgeheimnis der Deutschen Bahn AG dem Bundestag vorenthält.

Die Antworten von Bundesregierung und Deutscher Bahn AG sind somit ein Paradebeispiel für die fast schon standardmäßige Aushöhlung parlamentarischer Rechte beim Doppelprojekt Stuttgart 21 und Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, weil mal wieder 50 Prozent der Fragen nicht oder nur ausweichend beantwortet werden.

Dies wird jetzt aber sogar noch übertroffen, denn Bundesregierung und Deutsche Bahn AG (DB AG) machen wider besseren Wissens sogar Falschaussagen:

1. So behauptet die Bundesregierung, für die im Dezember 2009 dem Aufsichtsrat der DB AG unterbreiteten Einsparmaßnahmen für das Projekt Stuttgart 21: „Die Einbindung des EBA erfolgt im Zusammenhang mit der Genehmigung der Ausführungsplanungen“ . Die Bundesregierung kennt offenbar ihr eigenen Gesetze nicht, denn Paragraph 75 Verwaltungsverfahrensgesetz besagt unmissverständlich, dass mit dem Planfeststellungsbeschluss alles geregelt ist und es keiner nachfolgenden Genehmigung bedarf. Das heißt im Klartext: Entweder sind die unterbreiten Einsparmaßnahmen durch den Planfeststellungsbeschluss zulässig oder aber die Änderungen erfordern ein separates Planänderungsverfahren. Bekanntlich sollen ja diese Einsparmaßnahmen dazu dienen, die Kosten unter die Sollbruchstelle von 4,5 Mrd. Euro zu drücken. Wenn diese Einsparmaßnahmen jedoch nicht im Rahmen der genehmigten Planung zulässig sind und die DB AG auch kein Planänderungsverfahren durchführt, wären sie schlicht juristisch nicht zulässig, mit vollen Konsequenzen für die Baukostensumme.

Besonders fatal ist dabei, dass die veränderten Planungen nicht mehr dem EBA vorgelegt werden müssen und damit der Kontrolle des Bundes entzogen sind. Grund hierfür ist die dünne Personaldecke des Eisenbahnbundesamtes als Aufsichtsbehörde. Denn anstatt diese Behörde besser finanziell auszustatten, hat man einfach die Verwaltungsvorschriften so geändert, dass das Eisenbahnbundesamt nicht mehr dabei sein muss. Sprich: Von der DB AG beauftragte Gutachter prüfen dann in solchen Fällen die Pläne der DB AG.

2. Die Deutsche Bahn AG (DB AG) behauptet, dass die Reduzierung des Tunnelquerschnittes möglich sei, da eine spezielle Oberleitungsbauform mit der Bezeichnung Re 100 S mit Doppelfahrdraht verwendet wird. Merkwürdig nur, dass diese Bauform bzw. Bezeichnung nicht in den eigenen Regelwerken der DB AG vorkommt (vgl. Richtlinie 997.0101 der DB AG „Oberleitungsanlagen“, Seite 6.). Trotzdem teilt die DB AG dazu mit: „Für das EBA handelt es sich um eine Regelbauform, gegen die keinen Einwände bestehen“. Es gibt in der besagten Richtlinie nur eine Regelbauform, die exakt diese Eigenschaften erfüllt, nämlich die Re S-Bahn, auf die ja bereits das Magazin Stern (Heft 40/2010) auch hingewiesen hatte.

Wollte man also mit dieser Falschbezeichnung verschleiern das eine nur bis maximal 100 Stundenkilometer zugelassenen S-Bahn-Oberleitung auf der zukünftigen oft zitierten Hochgeschwindigkeitsmagistrale Paris – Bratislava eingebaut werden soll? Es ja wohl der Witz des Jahrhunderts, dass man Milliarden vergraben will, um nicht schneller zu werden als dies heute bereits möglich ist.

Es ist unerträglich und skandalös: Das Parlament sowie die Informations- und Kontrollrechte der Abgeordneten werden offensichtlich überhaupt nicht ernst genommen. Nicht mal vor Falschaussagen wird mehr halt gemacht. Wir werden daher den Bundestagspräsidenten zur Wahrung unserer Rechte einschalten, damit wir endlich wahrheitsgemäße und informative Antworten auf die Fragen an die Bundesregierung erhalten.


Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Sachstand der Bahnprojekte Stuttgart 21 und Neubaustrecke Wendlingen – Ulm“

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