„Prognose der wahrscheinlichen Projektkosten der Neubaustrecke Wendlingen – Ulm und Vorschläge zur Verbesserung des Personen und Güterverkehrs im Korridor Stuttgart-Augsburg“
Im Auftrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag und Fraktion Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg
- Der Schwerpunkt des Gutachtens liegt auf einer möglichst verlässlichen Kostenschätzung für die geplante Neubaustrecke (NBS) Wendlingen-Ulm. Die aktuelle Planung wird einer kritischen Würdigung unterzogen; für den Personen- und den Güterverkehr werden Alternativen aufgezeigt.
- Bei den 5 Planfeststellungsabschnitten (PFA) der NBS zwischen Wendlingen und Ulm sind die beiden im PFA 2.2 liegenden Tunnels am Albaufstieg als bautechnisch äußerst schwierig und somit auch kostenintensiv einzustufen. Geologisch schwierige Formationen und geologische Bruchzonen (Stichworte: geringe Gesteinsfestigkeit, hohe Gebirgsverformbarkeit, hohen Wasserdruck und Höhlen) kennzeichnen diesen Abschnitt.
- Die Baukosten der tunnelreichsten Bahnstrecke Deutschlands werden durch die Wahl der Tunnelbau-Methode beeinflusst. Die in den Planfeststellungsunterlagen gewählte „Neue Österreichische Tunnelbauweise“ (NÖT) ist infolge der beschriebenen geologischen Umstände die teuerste. Käme sie durchgehend zum Einsatz, wäre mit Baukosten von rund 10 Mrd. Euro zu rechnen. Das ist das Dreieinhalbfache der aktuellen Kostenschätzung der DB AG.
- Das Gutachten legt soweit irgend möglich die kostengünstigere Methode mit Tunnelbohrmaschinen (TBM) zu Grunde. Ohne weitere tunnelbautechnische Probleme wird mit Baukosten von 5,3 Mrd. Euro gerechnet. Dies sind 83% mehr als der Betrag von 2,9 Mrd. € in der aktuellen Kostenschätzung der DB.
- Legt man die Baumethode TBM zugrunde und unterstellt gegenüber heute weitere Kostensenkungen durch den technischen Fortschritt, so werden die Baukosten bei 4,6 Mrd. Euro liegen, gleichzeitig ist das die äußerste Untergrenze der zu erwartenden Kosten. Selbst dieser sehr optimistische Betrag liegt noch um 59 % über den 2,9 Mrd. € in der aktuellen Kostenschätzung der DB.
- Die NBS Wendlingen-Ulm ist nicht güterzugtauglich. Die NBS hat Streckenabschnitte, die mit bis zu 3,5% Steigung steiler sind als die Geislinger Steige auf der bestehenden Strecke (2,25%). Da die Planung der NBS einige einröhrige Doppelspurtunnels vorsieht, sind Begegnungen von ICE mit Güterzügen wegen der zu großen aerodynamischen Probleme nicht erlaubt.
- Die Funktion als Lückenschluss der Magistrale für Europa (Paris-Bratislava) ist nicht erkennbar: Es fehlt jede ernsthafte Planung für die Fortsetzung der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Neu-Ulm und Freilassing bei Salzburg auf einer Länge von rund 240 Kilometer. Die somit auf bayrischem Boden verbleibende Lücke wäre immerhin fast dreimal so groß wie die angebliche Lücke von Stuttgart bis Ulm.
- Durch Ausbaumaßnahmen auf den bestehenden Strecken von Stuttgart nach Süßen und von Amstetten nach Ulm sowie Ausbaumaßnahmen zwischen Neu Ulm und Augsburg in topografisch wesentlich unproblematischerem Gelände könnte eine ähnlich hohe Fahrzeitreduzierung zwischen Stuttgart und Augsburg zu einem Bruchteil der Kosten der NBS erreicht werden.
- Für den überregionalen Güterverkehr könnte der erwartete Mehrverkehr an Güterzügen auf zwei bestehenden Güterzug-Leitwegen bewältigt werden, wenn eine Reihe kleinerer Baumaßnahmen zur Beseitigung der heutigen betrieblichen Probleme durchgeführt werden. Die Bahnstrecke Stuttgart-Ulm hat für die DB Netz AG auch zukünftig überwiegend regionale Bedeutung für Industriebetriebe und Containerbahnhöfe im Filstal, im Raum Ulm und in Oberschwaben. Werden die beiden Leitwege für den Güterfernverkehr genutzt, genügt die heutige Strecke über Geislingen für den verbleibenden Güterverkehr und den Personenverkehr.
Dokumentation
Präsentation der Untersuchung NBS Wendlingen – Ulm
Kurzfassung der Untersuchung NBS Wendlingen – Ulm
Endbericht NBS Wendlingen – Ulm
Abbildungen NBS Wendlingen – Ulm
Tags: Wendlingen-Ulm