Deutsche Bahn endlich wetterfest machen
Stundenlange Verspätungen, überfüllte Züge, oder Züge, die gleich ganz ausfallen, so dass im Bahnhof Notquartiere eingerichet werden müssen: Die Fahrgäste der Bahn baden in diesen Monaten die Folgen einer falschen Bahnpolitik aus. Die große Koalition ließ Mehdorn gewähren, bei seinen Plänen, aus der Bahn einen Global Player im Mobilitäts- und Logistikgeschäft zu machen.
Um eine gute Börsenstory mit sprudelnden Gewinnen zu präsentieren, wurden das Schienennetz und die Fahrzeuge auf Verschleiss gefahren. Bei der Berliner S-Bahn sollte der Gewinn innerhalb weniger Jahre auf 125 Millionen Euro steigen. Deshalb wurden Werkstätten geschlossen, Personal abgebaut und die Wartungsprotokolle gefälscht.
Ramsauer ist Teil des Problems
Es grenzt schon an Amnesie, wenn Minister Ramsauer jetzt auch in den Chor derer einfällt, die auf Mehdorn und Tiefensee und deren Börsenpläne eindrischt. Denn der Antrag der großen Koalition vom 7.5.2008, mit dem die Privatisierung der Bahn eingeleitet werden sollte, trägt die Unterschrift des damaligen CSU-Landeschefs Dr. Peter Ramsauer.
Die Misere hat eine Ursache und die liegt in der Konzernstruktur der Deutschen Bahn AG. So werden Gewinne aus dem Betrieb des Eisenbahnnetzes nicht etwa wieder in das Netz reinvestiert, sondern an die Holding Deutsche Bahn AG abgeführt, die damit zum Beispiel im letzten Jahr den teuersten Unternehmenskauf der DB-Geschichte getätigt hat. Gekauft wurde die britische Arriva Group, die der größte Busbetreiber Europas ist. Was hat das mit dem Kerngeschäft der hoch subventionierten DB AG zu tun? Nichts! Und obendrein verordnet Schwarz-Gelb der Bahn noch eine Zwangsdividende von 500 Millionen Euro, mit der der Renditedruck nur noch erhöht wird.
Zwar unterstützten in der aktuellen Bahndebatte des Deutschen Bundestages fast alle Redner – auch die von Union und FDP – die Grünen Renate Künast und Toni Hofreiter darin, dass die Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge mit der DB Netz AG gekappt werden müssen. Der prominenteste Redner auf Seiten der Koalition, der Minister selbst, hielt sich aber auffallend zurück. Anstatt wichtige Strukturentscheidungen zu fällen, für die er die Unterstützung seiner Fachpolitiker hätte, weicht er lieber aus. Über das angebliche „Eisenbahnpaket“ des Ministeriums, über das der Spiegel am Montag berichtet hatte, mit dem der „Finanzierungskreislauf Schiene“ geschlossen werden sollte, verlor der Minister kein Wort.
Wir Grüne stellen nun mit unserem Antrag Für eine konsequente Strukturreform der Deutschen Bahn AG die Koalitionäre nun auf den Prüfstand, wie ernst sie es meinen, mit einer Abkehr vom Börsenkurs und der Rückbesinnung auf das Kerngeschäft. Die Rücknahme der Zwangsdividende und die Kappung der Beherrschungs- und Gewinnverträge kann dabei nur ein erster Schritt sein. Um Schienennetz, Bahnhöfe und Stationen und die Bahnenergieversorgung dauerhaft dem Renditedruck zu entziehen, müssen die Infrastrukturgesellschaften aus der Deutschen Bahn AG herausgelöst und wieder in unmittelbares Eigentum des Bundes überführt werden. Eine solche Trennung von Netz und Transport wird über früh oder lang ohnehin von der EU verlangt werden. Es wird Zeit, dass Minister Ramsauer in dieser und in anderen verkehrspolitischenFrage endlich handelt, anstatt nur zu reagieren, zum Beispiel dann, wenn ein Vulkan in Island heiße Luft ausstößt.