Gesunde Lebensmittel, regionale Versorgung

Am Samstag, 27. Februar, diskutierten Winfried Hermann, der Landtagskandidat der Grünen im Filderwahlkreis, mit Demeter-Landwirt Klaus Wais und Tankred Kauf, dem Geschäftsführer von Campo Verde. Mit auf dem Podium waren auch Dieter Grötzinger, der Vorsitzende der Bezirksbeiratsfraktion der Grünen im Stadtbezirk Sillenbuch und Dr. Jürgen Frick, der Sprecher des Grünen Ortsverbandes Sillenbuch.

Gesunde Lebensmittel und regionale VersorgungWie kann der Anteil des Ökolandbaus in Baden-Württemberg erhöht werden?

Das war die Ausgangsfrage des Landtagskandidaten Winfried Hermann an seine Gäste. Ziel ist es, dass 30-40% der Anbauflächen auf ökologischen Landbau umgestellt werden. Derzeit sind es in Baden-Württemberg etwa 14%.

Entwicklung eines größeren Anteils von ökologisch bewirtschafteter Fläche

Der Sillenbucher Demeter-Landwirt Klaus Wais, der seinen Hof am Eichenhain bereits 1989 auf Demeter-Landwirtschaft umgestellt hat, schaut dazu optimistisch in die Zukunft, wenn man bedenkt, dass allein in den letzten 5 Jahren der ökologische Landbau um die Hälfte gewachsen ist. Auch ist erkennbar, dass durch die Corona-Pandemie die Nachfrage nach gesunden Lebensmitteln gestiegen ist. Etwas ketzerisch wies er darauf hin, dass wenn alle Befürworter*innen von Bio-Lebensmittel tatsächlich regelmäßig biologisch einkaufen würden, es einen reißenden Absatz gäbe. Wünschenswert wäre in seinen Augen, wenn die Universität Hohenheim noch viel stärker in Bezug auf ökologischen Landbau forschen würde. Herr Wais führte aus, dass es noch viele lokale Lieferketten gibt, die den Bedürfnissen der Bio-Betriebe aus der Landwirtschaft besonders entgegenkommen. Es sind die Metzgereien mit eigener Schlachtung, Bäckereien und Mühlen mit regionalem Bezug der Rohware, die für die Bio-Landwirte wichtig sind. Weiterhin braucht es Verarbeitungsunternehmen wie z.B. Naturata in Marbach oder Campo Verde mit Sitz am Bodensee oder auch den Lebensmitteleinzelhandel, der noch den Bezug regionaler Angebote aufrechterhält. Sie alle sind für die Entwicklung eines größeren Anteils von ökologisch bewirtschafteter Fläche in Baden-Württemberg von entscheidender Bedeutung. „Kurze Transportwege, eine persönliche Beziehung, kurze Wege zum Endkunden schaffen Vertrauen. Das ist auch ein Teil unseres Erfolges in den letzten Jahren“, so Demeter-Landwirt Wais. Allerdings sieht er die Landwirtschaft durch den zunehmenden Bedarf an Wohnungen besonders im städtischen Raum stark gefährdet.

Landwirtschaftliche Fläche ist bedroht

Der Sillenbucher Bezirksbeirat Dieter Grötzinger zeigte am Beispiel des Gebietes Schwellenäcker auf, dass durch den Flächenbedarf der Freien Schule und weiteren Wohnungen ganz akut landwirtschaftliche Fläche bedroht ist, was die Grünen im Bezirksbeiräte kategorisch ablehnen. Nicht zu unterschätzen sei auch im städtischen Gebiet der pädagogische Nutzen der Landwirtschaft, bietet es die Möglichkeit, Kindern zu vermitteln, wie Lebensmitteln entstehen. Dr. Jürgen Frick erwähnte die Sensibilisierung für die Bedürfnisse der Landwirtschaft durch verschiedene Veranstaltungen im Hof am Eichenhain und die Ortsverbandssitzung zu den Ackerhelden, für die Herr Wais Flächen bepflanzt und saisonweise vermietet (https://www.ackerhelden.de/).

Was kann die Politik tun, um den ökologischen Landbau zu fördern?

Hierzu hatte Wais klare Vorstellungen. So ist der Umstieg auf ökologische Landwirtschaft ein hohes eigenbetriebliches Risiko und stellt dadurch ein großes Hemmnis für viele Bauern dar. Hier müsste die Politik durch entsprechende Förderung gerade die bäuerliche Landwirtschaft, wie sie in Baden-Württemberg stark verbreitet ist, unterstützen. Überhaupt braucht es in der Agrarpolitik eine Umwidmung der Mittel, weg von der Flächenförderung hin zu Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, ökologischen Landbau mit den Vorteilen, die damit verbunden sind: Erhaltung und Förderung gesunder Böden, Produktion gesunder Lebensmittel, Artenschutz sowie Tierwohl.

Stärkere regionale Wertschöpfung

Tankred Kauf, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Campo Verde, beliefert mittlerweile Lebensmittelhändler wie Edeka und REWE mit Demeter-Produkten. Dies zeigt, dass sich in den letzten 20 Jahren im ökologischen Landbau einiges getan hat. Allerdings erwarte auch er von der Politik, dass insbesondere der dynamische Landbau, wie Demeter viel stärker unterstützt werden muss. Diese Form der Landwirtschaft kann mit der industriellen Agrarproduktion zwar preislich nicht mithalten, schafft aber durch die bereits genannten Vorteile einen hohen Nutzen für das Gemeinwohl, Biodiversität und Fruchtbarkeit der Böden. Bei der biodynamischen Landwirtschaft gehe es nicht nur darum, Pflanzengifte wegzulassen, sondern permanent den Ackerboden zu verbessern, was eine echte Kulturarbeit im Landwirtschaftsbau darstellt. Und dies gehe nur über bäuerliche Landwirtschaft. Zudem bräuchte es viel stärkere regionale Wertschöpfung, die es mit den großen Konzernen eben nicht gäbe. Ein Hindernis sei auch, dass handwerkliche Betriebe die gleichen Pflichten hätten wie Großkonzerne (Verpackungsverordnung, Hygieneverordnungen etc.), diesen Verpflichtungen bei handwerklichen Betrieben aber viel weniger Privilegien gegenüberstünden, wie es bei Großkonzernen der Fall sei (z.B. EEG-Umlage). Letztlich müsse so ein kleiner Spezialist, der eng im Austausch mit regionalen, bäuerlichen Erzeugern und Strukturen stehe, mit seinen Produkten die Massenware der großen Industriebetriebe subventionieren.

Anmerkung von Winfried Hermann

Zum Abschluss der Diskussion merkte Winfried Hermann an: „Mir war es ein wichtiges Anliegen, dass wir über dieses Thema reden und es immer wieder in den Fokus rücken. Gesunde Lebensmittel und regionale Versorgung sind Grundlage eines gesunden und ökologischen Lebens. Gerade hier bei uns auf den Fildern ist es sichtbar und spürbar, wie sehr die Interessen um das kostbare Gut Boden ringen. Umso wichtiger ist es, dass wir verdeutlichen wie wertvoll unser Boden hier ist, schließlich zählt er zu den besten und fruchtbarsten Böden Deutschlands. Wenn wir eine hohe Qualität im Bereich der Bio-Lebensmittel haben wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass unsere kleinbäuerlichen Strukturen in Baden-Württemberg erhalten bleiben.“