Forum Schule – Was brauchen unsere Schulen in der Corona-Krise? Und was danach?
Was brauchen unsere Schulen in der Corona-Krise? Auf Einladung von Winfried Hermann, Abgeordneter und Kandidat für den Filder-Wahlkreis, fand am Samstag, dem 13. Februar eine bildungspolitische Veranstaltung zu aktuellen Schulthemen statt. Unter reger Beteiligung ging die Expertenrunde der Frage nach, was unsere Schulen in der Corona-Krise brauchen – und was danach?
Gleich zur Sache kam Michael Hirn, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dem größten Lehrerverband in Baden-Württemberg. Die Schere zwischen Bildungsgewinnern und Bildungsverlierern habe sich durch Corona weiter geöffnet. Schüler litten z. T. unter sozialen und emotionalen Folgen wie Vereinsamung und der Schutz des Lehrpersonals sei gelinde gesagt „verbesserungsbedürftig“. Dringend erforderlich sei eine digitale aber auch eine konzeptionelle Offensive der Bildungspolitik im Land. Zudem verhindere der eklatante Mangel an Lehrpersonal in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) aber auch an Grundschulen die dringend notwendige Unterstützung und Förderung der Kinder.
Ein kleiner Lichtblick öffnete sich im Beitrag von Birgit Popp-Kreckel, Vertreterin des staatlichen Schulamts Stuttgart. Dieses habe über die Monate des letzten Jahres intensiv daran gearbeitet, damit der Einstieg in den Online-Unterricht zumindest an den Gemeinschafts- und den Grundschulen gelingen konnte.
Elternvertreterin Kathrin Grix beschrieb eindringlich die Verunsicherung vieler Eltern, welche dadurch entstanden sei, dass die Kultusministerin regelmäßig den Beschlüssen der Ministerpräsidenten-Konferenz widersprach. „Die Eltern wussten einfach nicht, woran sie jetzt sind“, so Kathrin Grix. Besonders ärgerlich war für die Eltern, dass die Plattform „Moodle“ ganze Vormittage lang ausfiel und nicht, wie Frau Eisenmann behauptete nur punktuell überlastet gewesen sei.
Der Mangel an Digitalisierung
„Der Mangel an Digitalisierung hat uns gnadenlos eingeholt“, resümierte der Bildungsexperte der Grünen im Landtag, Thomas Poreski. Seitens des Kultusministeriums sei viel angekündigt, aber wenig umgesetzt worden. Und er fragte: „Was hat die Kultusministerin seit der 1. Corona-Krise getan, um Schulen, Lehrer*innen und Kinder mit digitaler Technik auszustatten? Und wo sind die Online-Konzepte für den Unterricht?“, fragte er weiter. Und, wie die Diskussion gezeigt habe, ist die derzeitige Ministerin ihrer Verantwortung als Leiterin des größten Ministeriums im Land nicht gerecht geworden.
Diese Frage beschäftigt auch die Grundschullehrerin Sarah Wölfle und die Beratungslehrerin Christine Dietenmaier, welche beide vor allem in Eigenarbeit und in gegenseitiger kollegialer Unterstützung den digitalen Unterricht für ihre Klassen erstellt haben. „Die Kultusministerin hat ein völlig neues Zentrum für Schulentwicklung und Lehrerbildung (ZSL) etabliert. Ich hätte erwartet, dass dieses Institut uns Lehrer*innen Konzepte für den digitalen Unterricht zur Verfügung stellt. Von dieser Seite kam aber keinerlei Unterstützung“, kritisierte Beratungslehrerin Christine Dietenmaier. Auch die Lernplattform „ELLA“, die jetzt während des Homeschooling eine große Hilfe hätte sein können, ist ein Totalausfall!
Strukturelle Unterversorgung der Schulen
In der abschließenden Diskussion wies GEW-Vertreter Hirn auf die strukturelle Unterversorgung der Schulen mit Lehrkräften und moderner Ausstattung hin. Hier bestehe großer Handlungsbedarf. Das Land müsse für die personelle und technische Ausstattung von Schulen einfach mehr Geld in die Hand nehmen.
In seinem Schlussplädoyer sprach sich Veranstalter Winfried Hermann für einen bildungspolitischen Aufbruch in einer neuen Koalition nach der Landtagswahl aus. „Zwischen 2011 und 2016 hat es mit den Grünen und der SPD einen deutlichen bildungspolitischen Reformschub im Land gegeben.“ Dieser Aufbruch sei unter der aktuellen Kultusministerin leider nicht aufgenommen worden. „Nach der Landtagswahl muss in einem neuen Koalitionsvertrag fest verankert werden, dass die Schulen und die Schülerinnen und Schüler zukunftsfit gemacht werden“, betonte Winfried Hermann.