29.04.2016 – Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hat sich erfreut über die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom Freitag, 29. April 2016, zur Vergabe im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in den sogenannten Stuttgarter Netzen (Netz 1) geäußert.
„Nach diesem Gerichtsbeschluss besteht endlich Klarheit, dass die Entscheidung des Landes korrekt war, den Zuschlag den Bietern Abellio und Go Ahead erteilen zu wollen und die Deutsche Bahn in diesem Netz wegen Angebotsfehlern bei den Mindestkriterien aus dem Wettbewerb auszuschließen. Nun können die in der Ausschreibung erfolgreichen Bieter die Vorbereitungen für die Betriebsaufnahme in Angriff nehmen. Für die Fahrgäste heißt das: viele Verbesserungen im zukünftigen regionalen Schienenverkehr “, so der Minister in Stuttgart.
Zuvor hatte das Gericht eine entsprechende Entscheidung der Vergabekammer beim Regierungspräsidium Karlsruhe bestätigt. Demnach ist die vorgesehene Vergabe an die Bahnunternehmen Go-Ahead und Abellio sowie der Ausschluss der DB Regio wegen der Nichteinhaltung von Vergabekriterien rechtmäßig. Das Oberlandesgericht hat in letzter Instanz entschieden. Damit ist das Urteil rechtskräftig und nicht mehr anfechtbar. „Unser sorgfältig geprüftes und von verschiedenen Experten bestätigtes Vorgehen im Vergabeverfahren war richtig. Die klaren Entscheidungen des Oberlandesgerichts und der Vergabekammer bestätigen dies“, so Minister Hermann. „Nun können die Verträge unterzeichnet und die neuen Verkehrsleistungen angegangen werden.“
Nach der Vergabemitteilung des Landes vom 17. November 2015 sollte der zur niede-ländischen Abellio-Gruppe gehörende Abellio Rail Südwest GmbH das Los 1 und der Go Ahead Verkehrsgesellschaft Deutschland GmbH, der deutschen Tochter des briti-schen Unternehmens Go-Ahead, die Lose 2 und 3 zugeschlagen werden. Nach der Entscheidung des OLG wird der Zuschlag an Abellio und Go-Ahead nun am 9. Mai 2016 erfolgen, nachdem die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg (SFBW) den Darlehenswettbewerb für die Fahrzeugfinanzierung durchgeführt hat (s.u.).
Die DB Regio musste wegen der Nichteinhaltung von Mindestkriterien vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Dabei ging es um die Kalkulation des Zuschussbedarfs im ersten Jahr nach Inbetriebnahme des Netzes sowie um weitere Kalkulationsschritte im eingereichten Angebot. Ein weiterer Bieter war ebenfalls wegen eines Verfahrensfehlers vom Wettbewerb ausgeschlossen worden.
Bei dem Wettbewerbsverfahren lagen die Angebote aller sieben Bieter für das besonders lukrative Stuttgarter Netz 1 sehr eng beieinander. Die angebotenen Preise führen dazu, dass sich der Zuschussbedarf je Zugkilometer gegenüber dem großen Verkehrsvertrag von 2003 zukünftig halbiert. Für diesen bezahlt das Land derzeit 11,69 Euro je Zugkilometer. Verkehrsminister Hermann sieht darin die Bestätigung für die konsequente Ausschreibung der SPNV-Leistungen im Land, die mit viel Aufwand vorbereitet werden musste: „Wir haben bereits jetzt eine deutliche Kostensenkung je Zugkilometer gegenüber dem großen Verkehrsvertrag erreicht. Dadurch konnten wir die Leistungen und das Fahrangebot für die Fahrgäste deutlich ausweiten. In allen drei Losen des Stuttgarter Netzes kommen, neben weiteren Verbesserungen, barrierefreie und voll klimatisierte Neufahrzeuge zum Einsatz. Diese verfügen über ausreichende Fahrradmitnahmekapazitäten und kostenloses WLAN.“
Ergänzende Informationen:
Das Vergabeverfahren zu Netz 1 (Stuttgarter Netze) war wie auch alle anderen aktuellen Vergabeverfahren des Landes mit erheblichem Aufwand vorbereitet. Die Anforderungen wurden in einem Lastenheft ausführlich festgelegt. Um attraktive Wettbewerbsbedingungen zu erreichen, wurden die Verkehrsleistungen in Lose aufgeteilt, damit auch kleinere Eisenbahnverkehrsunternehmen als Bieter auftreten konnten. Außerdem wurden Fahrzeugfinanzierungsmodelle angeboten. Damit konnte sichergestellt werden, dass nicht unterschiedliche Bonitätsbewertungen den Wettbewerb verzerren, sondern die Leistung gerecht gewertet werden konnte. Zum Zuge kommt nun jeweils das sogenannte BW-Modell, bei dem die SFBW Eigentümerin der Fahrzeuge wird und diese an Abellio und Go-Ahead zurückverpachtet.
Loslimitierung:
Als Besonderheit bei den Stuttgarter Netzen kam eine Loslimitierung zum Einsatz, sodass nicht ein Bieter allein alle drei Lose gewinnen konnte. Auch dies hat nach Einschätzung des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur dafür gesorgt, dass letztendlich ein gutes Ergebnis erzielt werden konnte.
- Fragen und Antworten rund um das Vergabeverfahren Stuttgarter Netze finden Sie hier.
- Übersicht: Die Stuttgarter Netze
Steckbrief SPNV-Netz 1; Los 1 (Neckartal)
Strecken:
1) Stuttgart – Mühlacker – Bruchsal / Pforzheim
2) Stuttgart – Heilbronn – Mannheim / Osterburken
3) Stuttgart – Plochingen – Tübingen
Steckbrief SPNV-Netz 1; Los 2 (Rems – Fils)
Strecken:
1) Stuttgart – Aalen – Crailsheim
2) Stuttgart – Geislingen (Steige) – Ulm
Steckbrief SPNV-Netz 1; Los 3 (Franken – Enz)
Strecken:
1) Stuttgart – Aalen
2) Stuttgart – Karlsruhe
3) Stuttgart – Heilbronn – Lauda – Würzburg
Losübergreifende Informationen:
Inbetriebnahme: Im Zeitraum von Juni 2019 bis Dezember 2020
Grundsätzliche Ziele bei der Umsetzung der Ausschreibung:
- Zweite Etappe auf dem Weg zur Umsetzung des Zielkonzeptes 2025 und des Metropolexpresses (gemäß ÖPNV-Pakt zwischen Land, Verband Region Stuttgart, Landeshauptstadt Stuttgart und umliegenden Verbund-Landkreisen)
- Ausweitung des Angebots mit einem attraktiven Gesamtkonzept und einer Bedienung von den frühen Morgenstunden bis in die Abendstunden auch am Wochenende mindestens im Stundentakt
- Einsatz neuer komfortabler und barrierefrei zugänglicher Fahrzeuge
- Künftig ist das Land an den Einnahmen beteiligt. Das bedeutet, dass Mehreinnahmen bei wachsenden Fahrgastzahlen auch wieder direkt in eine Ausweitung des Angebots fließen können.
Künftiges Fahrplanangebot
Das für die Stuttgarter Netze vorgesehene Fahrplanangebot stellt gegenüber dem heutigen Zustand eine deutliche Verbesserung dar (siehe auch Anlage „Informationen zum Stuttgarter Netz“):
- dichtere Takte
- neue umsteigefreie Verbindungen
- Reisezeitverkürzungen durch mehr schnellere Züge
- durch Halbstundentakt auf bestimmten Verbindungen Einstieg in das geplante Metropolexpress-System
Fahrzeuge:
- Je nach Los drei- bis sechsteilige Fahrzeuge des Fahrzeugtyps Flirt von STADLER (Los 2 u. 3) und des Fahrzeugtyps Talent 2 von BOMBARDIER (Los 1) mit bis zu 329 Sitzplätzen
- Einheitliches Landesdesign
- Klimaanlage, Klapptische, Steckdosen, Mobilfunkverstärker und barrierefreie Universaltoiletten in allen Fahrzeugen
- Computer-Funknetzwerk WLAN für drahtlosen Internetzugang in allen Fahrzeugen
- Barrierefreier Zugang zu allen Fahrzeugen
- Großzügige Sitzabstände
- Multifunktionsbereiche mit 24 bis 51 Fahrradstellplätzen pro Fahrzeug je nach Fahrzeuggröße
- Download von Bildmaterial zu den Fahrzeugen, Innenausstattung etc.