14.07.2014 – Kommt die Maut oder kommt sie nicht? Weder in der Bevölkerung noch in der Politik ist man sich einig, ob sie sinnvoll und durchführbar wäre. Landesverkehrsminister Winfried Hermann gibt in einem Gastbeitrag für die Mittelbadische Presse seinen Standpunkt zu dem Thema wieder.
Straßen, Schienen und Wasserwege in Deutschland sind seit Jahrzehnten zunehmenden Belastungen ausgesetzt. Sie müssen in vielen Bereichen auch auf Grund ihres Alters dringend saniert werden. Vor allem im Straßenbau wurde zulange das Geld hauptsächlich für Neu- und Ausbau ausgegeben, in den vergangenen Jahrzehnten ein Schwerpunkt auf den Neu- und Ausbau gelegt und der Erhalt des bestehenden Netzes vernachlässigt. Die Landesregierung hat in diesem Bereich umgesteuert und die Mittel für den Erhalt der Landesstraßen verdoppelt. Auch der Bund ist inzwischen dabei, deutlich mehr Geld für den Erhalt auszugeben als bisher.
Dennoch ist der Finanzbedarf aufgrund der Versäumnisse der Vergangenheit riesig. Für die Sanierung und den Erhalt der gesamten Verkehrsinfrastruktur müssten nach Überzeugung aller Experten und der Verkehrsminister der Länder jährlich 7,2 Milliarden Euro zusätzlich investiert werden. Sie haben deshalb schon vor Monaten vorgeschlagen, deutlich mehr Geld aus dem Haushalt einzusetzen, um die Substanz zu erhalten und den Vermögensverzehr zu stoppen.
Wie in der Verkehrsministerkonferenz einstimmig beschlossen, muss der Bund einen gesonderten und überjährigen Sanierungsfonds einrichten. Außerdem müsste die Lkw-Maut auch für kleinere Lastwagen gelten und auf alle Bundes-, Landes- und Kreisstraßen ausgedehnt werden. Schließlich richtet gerade der Schwerlastverkehr auf den Straßen die größten Schäden an und sollte deshalb auch stärker zur Kasse gebeten werden. Länder und Kommunen müssen zudem von diesen Einnahmen ihre Sanierungsaufgabe erfüllen können.
Eine Ausländer-Pkw-Maut à la CSU lehne ich hingegen ab. Die dabei erwarteten Einnahmen reichen bei weitem nicht aus, um die Investitionen in den Straßenerhalt zu finanzieren. Das zeigt sich auch beim jüngsten Vorschlag von Bundesverkehrsminister Dobrindt für eine Pkw-Maut auf allen Bundesfernstraßen und Landesstraßen. Es würde dabei ein enormer Verwaltungsaufwand notwendig werden, um einen gemessen am Bedarf zu geringen Ertrag zu erzielen. Mit großem bürokratischem Aufwand würden Milliarden eingenommen werden, die dann über eine Senkung der Kfz-Steuer wieder zurückgegeben werden müssen. Selbst wenn am Ende 600 Millionen Euro mehr in die Kassen kämen, stünde diesen Einnahmen die Summe von 7,2 Milliarden Euro für die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen gegenüber.
Eine absurde Situation
Unsinnig ist auch, dass künftig die Autofahrer für die Nutzung aller Landesstraßen Maut entrichten, während der Schwerlastverkehr dort weiterhin rollen könnte, ohne Lkw-Maut zu bezahlen. Minister Dobrindt ist an sich in einer absurden Situation. Er weiß selbst, wieviel zusätzliches Geld für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur nötig wäre, muss aber einen Großteil seiner geplanten Mauteinnahmen gleich wieder zurückgeben.
Er ist durch das CSU-Wahlkampfversprechen nun gezwungen, eine verquere Ausländermaut einzuführen, die zuwenig in die Kassen bringt und von der auch noch nicht klar ist, ob sie europarechtlich überhaupt zulässig ist. Wenn überhaupt eine Straßenbenutzungsgebühr eingeführt wird, würde ich –wie auch Ministerpräsident Kretschmann – eine intelligente, satellitengestützte Maut unter Wahrung des Datenschutzes befürworten, die einen Lenkungseffekt hätte: wer viel fährt, müsste mehr zahlen als Menschen die wenig fahren.