Luftverkehrssteuer – Winfried Hermann https://www.winnehermann.de/2010 Mitglied des Deutschen Bundestages Tue, 21 Dec 2010 12:23:56 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.2.3 Grüner Kommentar zur Luftverkehrssteuer https://www.winnehermann.de/2010/gruner-kommentar-zur-luftverkehrssteuer/ Fri, 17 Dec 2010 12:18:40 +0000 http://www.winnehermann.de/2010/?p=2643 [See image gallery at www.winnehermann.de] Wir begrüßen die Luftverkehrssteuer zwar als einen ersten Schritt für mehr Kostenwahrheit im Luftverkehr, haben zugleich aber deutliche Kritik an der Ausgestaltung. Es ist hohe Zeit für ein derartiges Instrument, denn die Privilegien des Luftverkehrs gehören zu den ältesten und lange Zeit als unanfechtbar geltenden Sondertatbeständen bei den Verkehrsträgern. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Schwarz-Gelb die von Grünen immer wieder geforderte und bisher als Ticket-Tax bekannte Abgabe einführt. Freilich mit ganz anderen Motiven: Geldbeschaffung und Stopfen von Haushaltslöchern!

Überkommende Steuerprivilegien für den Luftverkehr

Es ist längst Zeit für die Internalisierung der externen Kosten des Luftverkehrs. Die Privilegierung des Luftverkehrs rührt aus der Nachkriegszeit und sollte die vergleichsweise junge Verkehrsbranche im Konzert mit Bahn und Straße stärken. Dieses Motiv ist längst überholt. Doch noch immer ist der Flugverkehr steuerlich privilegiert. So unterliegt der gewerbliche Luftverkehr im Gegensatz zu Eisenbahnen und Bussen weder einer Energiesteuer noch einer Mehrwertsteuer bei Auslandsflügen. Rechnet man wie das Umweltbundesamt beim Luftverkehr mit einer vergleichbaren Besteuerung wie im Straßenverkehr, dann wird der Luftverkehr in Deutschland jährlich mit rund 11,5 Milliarden Euro subventioniert.

Luftverkehr trägt nicht zum Klimaschutz bei – im Gegenteil

Auch nach Krisenjahr und Vulkanwolke boomt die Branche. Bis 2050 würde sich nach Prognosen des Weltklimarates  bei anhaltender Tendenz die Anzahl der Passagiere im Vergleich zu heute verdreifachen. Mit dem Luftverkehr wächst die Klimalast. Neue Expertisen, die etwa den Einfluss von Cirruswolken (Kondensstreifen) einbeziehen, bewerten den Beitrag des Luftverkehrs im Jahr 2005 an der Erderwärmung mit ca. 5 Prozent. Wegen der bestehenden Unsicherheiten über die Nicht-CO2-Effekte könnte der Anteil aber auch bei bis zu 14 Prozent liegen.

Welche Beiträge leistet der Luftverkehr bisher für den Klimaschutz? Während in anderen Sektoren – etwa beim Strom – mit der nächsten Stufe des Emissionshandels und der Vollversteigerung der Zertifikate die Reduktionspflichten deutlich verschärft werden, bleibt der Luftverkehr bisher komplett verschont. Der Einbezug in den Emissionshandel zunächst in Europa beginnt erst ab 2012 zu vergleichsweise sehr günstigen Konditionen. Wenn nichts geschieht, wird der Bereich Luftverkehr gemeinsam mit der Hochseeschifffahrt bis Mitte des Jahrhunderts zu den Emittenten avancieren. Denn in den anderen Sektoren werden Dank Kyoto-Protokoll Emissionen reduziert, wenn auch noch nicht in dem der Geschwindigkeit der Klimaveränderungen entsprechendem Maße.

Von wegen Geld für Entwicklung – Steuer bedeutet das Aus für eine deutsche Ticket-Abgabe

Im Jahre 2005 haben sich die EU-Finanzminister für die Einführung einer Ticket-Abgabe auf freiwilliger Basis ausgesprochen um die Finanzierung der europäischen Entwicklungszusammenarbeit zu stärken. Deutschland hat sich international verpflichtet bis 2015 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) aufzuwenden. Das Zwischenziel von 0,51 Prozent im Jahr 2010 wird mit 0,4 Prozent deutlich verfehlt. Im kommenden Jahr beträgt die Finanzierungslücke zu den selbst gesteckten Zielen wahrscheinlich schon mehr als 4 Milliarden, davon allein auf Bundesseite circa 3,2 Milliarden. Die Einnahmen aus der Ticket-Abgabe hätte dazu beitragen können, dass Deutschland seine internationalen Verpflichtungen erfüllt. Wir Grünen fordern schon lange, dass Deutschland zur Umsetzung des EU-Stufenplans für die Entwicklungsfinanzierung dem Beispiel andere Länder folgen und die Abgabe zur Aufstockung der ODA einführen soll. Aber die Schwarz-Gelbe Koalition setzt andere – falsche – Prioritäten.

Koalition versenkt Luftverkehrssteuer komplett im Haushaltsloch

Noch im Sparpaket formulierte die Koalition wie später ihr Verkehrsminister, die Abgabe gelte nur bis zur Einbeziehung des Luftverkehrs in das EU-Emissionshandelssystem ab 2012. Jetzt wurde die Abgabe unbefristet eingeführt. Die kalkulierten Einnahmen betragen 1 Mrd. Euro pro Jahr im Zeitraum 2011 bis 2014. Wenn der Flugverkehr ab 2012 in den europäischen Emissionshandel einbezogen wird, soll der Steuersatz so angepasst werden, dass das Gesamtaufkommen aus der Luftverkehrssteuer und den Erlösen aus der Versteigerung von Emissionsrechten konstant bei einer Milliarde Euro gedeckelt bleibt.

Was beschlossen wurde:

  • Die ursprüngliche Ticket Tax wird als Verkehrsteuer „Luftverkehrsteuer“(LuftVSt) erhoben.
  • Der Steuersatz ist in drei Stufen gestaffelt: 8 Euro (bis 2.500 km, das heißt Inland und EU); Mittelstrecke 25 Euro (bis 6.000 km, das heißt etwa Afrika und Naher Osten) und Langstrecke 45 Euro (mehr als 6.000 km, das heißt USA, Asien, Südamerika).
  • Sie soll unbefristet gelten und wird vom Finanzministerium jährlich in Abhängigkeit von den Einnahmen aus dem Emissionshandel angepasst.
  • Die Steuer gilt nur für die gewerbliche Beförderung von Passagieren. Luftfracht und privater Flugverkehr sowie Transferpassagiere sind ausgenommen.
  • Sie wird beim Ticketkauf erhoben, Steuerverpflichtete sind die Fluggesellschaften. mit der Durchführung wird die Bundesfinanzverwaltung (Zoll) betraut.
  • Die Steuer wird bei Abflug aus Deutschland erhoben. Alle Überflüge bleiben ausgenommen, bei Zwischenlandungen oder Umstieg soll sie nur einmal erhoben werden.
  • Die vom Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt vorgeschlagene genauere Differenzierung nach Flugentfernung und Flugklasse und die Einbeziehung der Parameter Lärm und/ oder Nachtflug wurden fallengelassen.
  • Die Einnahmen gehen zu 100 Prozent in den Bundeshaushalt. Anteilige Mittel für die Aufstockung der ODA-Quote sind nicht vorgesehen. Auch war es nicht möglich, Teile der Einnahmen für Zwecke des Klimaschutzes zugänglich zu machen.

Potenziale ökologischer Lenkungswirkung verspielt

Die von der Koalition vorgesehene Flugverkehrsabgabe verschenkt das Potenzial optimaler ökologischer Lenkungswirkung. So werden etwa die klimaschädlichen Langstreckenflüge mit 45 Euro viel zu gering belastet. Die Steuersätze für Inlandsflüge, EU-Flüge und Langstreckenflüge steht in keinem Verhältnis zu den verschiedenen Klimafolgen. Langstreckenflüge zwischen 6.000 km (Ostküste USA) und 10.000 km (Westküste USA, Fernost: Tokio) mit entsprechenden Flugweiten haben weit höhere CO2-Emissionen und größere Klimawirkung. Die Emissionen erfolgen überdies in Flughöhen von etwa 11.000 Metern, in diesen Höhen (Tropopause und untere Stratosphäre) haben die Emission von Wasserdampf, Stickoxid und Ruß noch zusätzliche klimaschädliche Wirkungen, die Klimalast beträgt das 2 bis 5-fachen des CO2.

Eine Differenzierung nach Klassen erfolgt nicht: Business- und Erste-Klasse-Kunden würden trotz zweifach höherer CO2-Emissionen wegen des höherer Platzbedarfs zu Ungunsten der Auslastung nicht stärker als Economy-Kunden belastet. Unverständlich ist, dass Frachtflüge komplett ausgenommen werden, obwohl es sich oft um ältere, weniger effizientere und vor allem laute Maschinen handelt. Auch die Zuordnung der Zielländer in Entfernungsklassen, wobei die Entfernung zwischen dem jeweils wichtigsten Drehkreuz des Ziellandes und dem Flughafen Frankfurt (FRA als dem wichtigsten Drehkreuz in D) maßgeblich ist, verzerrt die externen Kosten der Flüge. Dass etwa ein Flug auf die Kanaren mit Distanzen von rund 4000 Kilometern ebenso mit 8 Euro besteuert wird, wie ein Flug nach Madrid ist selbstredend ein Geschenk an die Tourismusbranche. Denn bei diesem Taschenspielertrick wird offenbar, was jeder bei atmosfair.de schnell nachrechnen kann: Der einfache Flug Frankfurt-Madrid produziert pro Passagier die Klimawirkungen von 380 kg/CO2 – bei einem einfachen Flug von Frankfurt nach Teneriffa aber sind es schon 870 kg/CO2 pro Passagier. Eine Steuer von 8 Euro für diese so unterschiedlichen Flüge ist mitnichten ein Preis, der die ökologische Wahrheit über ihre Klimafolgen abbildet. Deshalb fordern wir:

Die Luftverkehrssteuer muss ökologisch ausgestaltet werden, durch:

  • Weitergehende Ausdifferenzierung nach Streckenlängen (z.B. in 5 bis 8 Distanzklassen), Kerosinverbrauch und Ticketpreis: Economy, Business Class und First Class (in einem nächsten Schritt Bezugsgröße Flugzeuggröße und Flugzeugtyp);
  • Einbeziehung des Lärms und Erhebung von Zuschlägen für den Nachtflug (zwischen 22 bis 7 Uhr);
  • Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Frachtflüge zu einem extra festzulegenden Steuersatz;
  • Beibehaltung der Abgabe neben dem ETS und keine Verrechnung mit Auktionierungserlösen des ETS sowie regelmäßige Überprüfung bei Fortentwicklung des ETS;
  • Ausgestaltung mit weit höheren Sätzen nach der Maßgabe: Einnahmen von mindestens 2,3 Milliarden Euro;
  • Verwendung des Aufkommen, um die deutschen Zusagen zur Entwicklungsfinanzierung zu erfüllen (ODA-Quote).

Die Vorteile einer weitergehenden Differenzierung der Luftverkehrssteuer liegen auf der Hand: So kann man stärkere Anreize für umweltfreundliche Technologie bei Airlines und Triebwerksherstellern setzen, effizientere Flugzeuge würden profitieren. Damit wäre ein Wettbewerb um das öko-effizienteste Fliegen möglich und zugleich für die Airlines ein Anreiz gesetzt, bestimmte Flugrouten und Flugzeiten (Nacht) zu vermeiden.

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Schwäbisches Tagblatt: Kolumne vom 17.09.2010 https://www.winnehermann.de/2010/schwabisches-tagblatt-kolumne-vom-17-09-2010/ Fri, 17 Sep 2010 08:57:46 +0000 http://www.winnehermann.de/2010/?p=1949 [See image gallery at www.winnehermann.de] Luftverkehrssteuer

Seit Jahren wächst der Luftverkehr – weit schneller als jeder andere Wirtschaftszweig. Prognosen erwarten bis zum Jahr 2050 eine Verdreifachung der Passagierzahlen. Mit dem Luftverkehr wächst aber auch die Klimabelastung. In Europa haben die Treibhausgasemissionen aus dem Luftverkehr seit 1990 um 87% zugenommen. Jüngsten Studien des Weltklimarates zur Folge beträgt der Anteil des Luftverkehrs am globalen Treibhauseffekt zwischen rund 5 % (nur CO2) bis zu 14%, wenn andere Klimaeffekte wie Cirren aus Wasserdampf, Stickoxide, Ruß etc. einbezogen werden.

Hält der Wachstumstrend ungebrochen an, dann werden sämtliche CO2-Einsparungen in anderen Bereichen aufgezehrt. Wir brauchen endlich Leitplanken für den Luftverkehr! Die Branche genießt Privilegien: Befreiung von der Mineralölsteuer (7,2 Mrd. pro Jahr) und der Mehrwertsteuer auf Auslandsflüge (4,2 Mrd. pro Jahr), so die Zahlen von 2008. Nach neusten Berechnungen des Umweltbundesamtes wird der Luftverkehr in Deutschland jährlich mit rund 11,5 Milliarden Euro subventioniert. Im Vergleich dazu nimmt sich das geplante Aufkommen aus der Luftverkehrssteuer von einer Milliarde bescheiden aus. Die Luftverkehrssteuer kann demnach nur ein kleiner Baustein auf dem Weg zur wirklichen Ökologisierung des Luftverkehrs sein. Weit wichtiger ist eine wirksame Einbindung in den Europäischen Emissionshandel, der startet aber erst 2012. Die geplante Steuer ist zudem schlecht gemacht! Die Koalition will damit nur Geld eintreiben, ökologische Lenkungswirkung Fehlanzeige! Die Branche sieht zwar wieder mal den Untergang des Abendlandes, schlägt aber die Steuer schlicht auf die Tickets auf. Mit dem dreistufigen Modell (8, 25, 45 Euro je nach Strecke) werden die extrem klimaschädlichen Langstreckenflüge mit 45 Euro deutlich zu gering belastet. Und selbst Billigflieger auf die Kanaren kosten nur 8 Euro Aufschlag. Überdies wird keine Differenzierung nach Klassen vorgenommen: So werden Business- und Erste-Klasse-Kunden – trotz zweifach höherer CO2-Emissionen – nicht stärker als Economy-Kunden belastet. Falsch ist auch, dass Frachtflüge komplett ausgenommen werden sollen. Diese sollten mit einem eigenen Steuertarif pro Frachtmenge einbezogen werden. Die Steuer-Einnahmen sollten nicht ausschließlich zur Haushaltssanierung dienen. Dies wird weder der Verantwortung für den Klimaschutz noch der internationalen Verantwortung gerecht. Neben dem Schuldenabbau sollte Geld auch in Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern und die Förderung und Entwicklung von klimaschonenden Flugtechniken gesteckt werden. Es geht um ökologische Rahmenbedingungen für einen Flugverkehr von morgen.

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PM: Ökologische Differenzierung statt Ausnahmen bei der Luftverkehrssteuer https://www.winnehermann.de/2010/pm-okologische-differenzierung-statt-ausnahmen-bei-der-luftverkehrssteuer/ Fri, 06 Aug 2010 11:52:41 +0000 http://www.winnehermann.de/2010/?p=1681 [See image gallery at www.winnehermann.de] Zum Vorschlag der FDP, die Luftverkehrssteuer für Kurzstreckenflüge nicht einzuführen, erklärt Winfried Hermann MdB, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:

Die Forderung der FDP, Kurzstreckenflüge von der geplanten Luftverkehrssteuer auszunehmen, lehnen wir ab. Denn gerade Kurzstreckenflüge verursachen besonders viel Treibhausgase pro Kilometer.

Außerdem besteht gerade auf kürzeren Distanzen mit der Bahn eine Alternative zum Flugzeug. Und während der Luftverkehr keinen Cent Kerosinsteuer zahlen muss und Auslandsflüge mehrwertsteuerfrei sind, müssen für Bahnreisen Energiesteuern und der volle Mehrwertsteuersatz gezahlt werden. Die von der FDP beklagten Wettbewerbsverzerrungen bestehen also gerade anders herum. Und diese Benachteiligung der Schiene wird auch durch die geplante Luftverkehrssteuer bei weitem nicht aufgewogen.

Statt über Ausnahmen nachzudenken, sollte die Steuer nach ökologischen Kriterien differenzier werden. Wir schlagen eine stärkere Spreizung nach Streckenlängen (Kurzstrecken/ Inland, Mittelstrecken/ EU-weit und verschiedene Langstrecken/ Internationale Flüge) vor, sowie einen zusätzlichen Aufschlag bei Business Class und First Class. Eine höhere Belastung für diese Klassen ist nicht nur sozial gerecht, sondern auch ökologisch gerechtfertigt. Schließlich ist der Verbrauch eines First Class-Passagiers mit entsprechendem Platzbedarf weit höher als jener in der Economy Class.

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