Stern: Stuttgart 21 taugt einfach nicht
Autor: admin | Kategorie: Interviews, Regierung, Stuttgart 21Winfried Hermann spielt als Verkehrsminister in der neuen baden-württembergischen Regierung eine entscheidende Rolle. Mit stern.de sprach er über Stuttgart 21 und grüne Autos.
von Sebastian Kemnitzer
Herr Hermann, Sie sind bekennender Pazifist. Wie hart wird denn der Kampf um Stuttgart 21?
Der Kampf wird sicher nicht ganz einfach. Aber es geht um die Auseinandersetzung in der Sache, das ist nicht mit Krieg vergleichbar. Ich werde in meiner neuen Funktion als Verkehrsminister alles tun, damit der Diskurs um Stuttgart 21 rational abläuft.
Warum wollen Sie das heikle Amt überhaupt? Schließlich standen auch andere Kandidaten, zum Beispiel der grüne Verkehrsexperte Werner Wölfle, in den Startlöchern.
Ich bringe viel Erfahrung in der Verkehrspolitik mit, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Nicht zuletzt aufgrund meiner Position als Vorsitzender des Verkehrsausschusses kann ich mit allen Beteiligten auf Augenhöhe sprechen; übrigens auch mit Bahnchef Grube. Außerdem beschäftige ich mich seit 1992 mit Stuttgart 21. Es gab also einige Punkte, die für mich sprachen. Aber Werner Wölfle ist natürlich auch hochkompetent, gerade in Sachen Stuttgart 21.
Haben Sie Angst, der erste Buhmann im neuen Kabinett zu werden, wenn Stuttgart 21 gebaut wird?
Wir werden sehen, ob Stuttgart 21 gebaut wird. Der Buhmann werde ich nur dann sein, wenn ich alles falsch mache, also Mist baue. Dann würde ich auch mich selbst in Frage stellen. Ich möchte auch betonen, dass ich allein auf keinen Fall Stuttgart 21 verhindern kann. Im Koalitionsvertrag haben wir ein klares Prozedere festgelegt. Erst wollen wir den Stresstest kritisch begleiten. Dann wollen wir alle Fakten auf den Tisch legen, insbesondere die Kosten müssen ordentlich berechnet sein; auch jene eines möglichen Ausstiegs. Sollte es wirklich noch zu einer Volksabstimmung kommen, müssen die Bürger alle verfügbaren Informationen haben, um sich für oder gegen Stuttgart 21 zu entscheiden. Das Ergebnis werde ich dann akzeptieren.
Zusammengefasst also: Winfried Hermann, der im Herbst gesagt hat: „Dieses Projekt ist so grundschlecht, dass man die besten Broschüren machen kann und trotzdem jeder merkt, dass es Mist ist“, jener Winfried Hermann wird zum S-21-Bauherr.
Wie gesagt: Ich bin guter Dinge, dass Stuttgart 21 nicht gebaut wird. Bauherr werde ich im übrigen nie sein: Die Deutsche Bahn ist Bauträger, nicht das Land Baden-Württemberg.
Sie haben den Stresstest erwähnt. Sind Sie da jetzt eigentlich mit dabei?
Das werden wir unverzüglich besprechen, sobald die neue Regierung im Amt ist. Klar ist: Wir als grün-rote Regierung wollen beim Stresstest mit dabei sein.
Läuft der Stresstest nicht schon längst?
Der Stresstest ist schon angelaufen, das stimmt. Allerdings wurden bisher vor allem Infrastrukturdaten eingegeben, also Vorbereitungen getroffen. Jetzt wird der Fahrplan draufgelegt, also jene Simulation durchgespielt, die zeigen soll, dass der neue Bahnhof wirklich 30 Prozent mehr Leistung bringt. Entscheidend ist, welche Daten beim Stresstest eingegeben werden. Wir wollen natürlich eine kundenfreundliche Simulation.
Sie setzen als Grüne ja auf den Stresstest. Im Koalitionsvertrag steht: Falls Stuttgart 21 teurer als 4,5 Milliarden Euro wird, gibt Baden-Württemberg für das Projekt kein Geld mehr aus. Was machen Sie, wenn jemand anderes die Zeche zahlt?
Am wichtigsten beim Stresstest ist und bleibt die Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs. Wir befürchten weiterhin einen Engpass. Aber ich glaube nicht, dass Bund oder Bahn aufkommende Mehrkosten und Risiken einfach übernehmen, die technisch nicht oder nur mit großem Zusatzaufwand überwunden werden können.
Wie schaut es mit einer Verlängerung des Bau- und Vergabestopps aus? Die Bahn will ja, sobald Ihre Regierung im Amt ist, neue Aufträge vergeben.
Auch darüber sprechen wir mit der Bahn. Wir fordern, dass der Bau- und Vergabestopp verlängert wird. Unsere Position ansonsten ist eindeutig: Die Bahn hat das Projekt in einer Demokratie angefangen. In einer Demokratie kann es Regierungswechsel und Volksentscheide geben. Zwei zentrale Punkte des Projekts, der Abstellbahnhof Untertürkheim und die Anbindung zum Flughafen, sind auch noch nicht planfestgestellt. Die Bahn ist mit dem Baubeginn ein hohes Risiko eingegangen und wird diese durch Weiterbauen erhöhen.
Gehen Sie nicht auch hohes Risiko? Bei einem möglichen Ende von Stuttgart 21 will die Bahn einen Schadensersatz in Höhe von Minimum 1,4 Milliarden Euro einklagen.
Ich sehe das anders als die Bahn. Die Hälfte der Ausstiegskosten sind letztendlich ein zinsloser Kredit. Da hat die Bahn 459 Millionen Euro von der Stadt Stuttgart bekommen. Die Stadt hat aber im Gegensatz noch nichts von den Grundstücken gesehen. Bei einer Rückabwicklung wäre die Stadt Stuttgart der Gewinner und bekäme heute mit Zinsen ca. 750 Mio. zurück. Experten, denen ich vertraue, sprechen von rund 500 Millionen Euro tatsächlichen Ausstiegskosten – traurig ist, dass mit dem Geld schon längst der Kopfbahnhof modernisiert wäre.
Wenn das Projekt Stuttgart 21 den Stresstest übersteht, gibt es kaum noch eine Ausstiegschance. Bei einer möglichen Volksabstimmung im Herbst können Sie doch das hohe Quorum nie schaffen. Mehr als 2,5 Millionen Bürger müssten gegen Stuttgart 21 stimmen.
Ohne Zweifel würde es schwer werden, das Quorum unter diesen Bedingungen zu schaffen. Das ist aber auch eine Herausforderung für die neue Bürgergesellschaft. Wir müssen einfach mobilisieren. Eine mögliche Volksabstimmung wird auch zeigen, wie zufrieden die Bürger mit ihrer neuen Regierung sind.
Wieso hat Grün und Rot vor Monaten nicht zugestimmt, als Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg das Quorum von 33 Prozent auf 25 Prozent senken wollte.
Wir Grüne wollen eine umfassende Erleichterung der Bürgerbeteiligung und bei Entscheidungen eigentlich gar keine Quoren. Die Bürger sollen abstimmen und dann entscheidet die Mehrheit.
Bleibt der kommende Verkehrsminister Hermann ein Kritiker der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen?
Im Koalitionsvertrag steht, dass die Regierung zum Neubau der Strecke Wendlingen-Ulm steht. Das gilt grundsätzlich. Im Vertrag steht nicht, dass daran keine Kritik geäußert werden darf. Ich bleibe bei meiner persönlichen Überzeugung: Da wird viel Geld in eine Strecke investiert, auf der keine modernen Güterzüge verkehren können.
Sie gelten ja politisch als Überzeugungstäter, lehnen zum Beispiel den Afghanistaneinsatz ab. Sind Sie das neue linke Gewissen der Regierung?
Ich zähle mich durchaus zu den Linken in der Gesellschaft und in meiner Partei, bin aber kein Fundi. Ich sehe mich als pragmatischen Linken, der Dinge kritisch sieht. Ich kann nicht das linke Gewissen der Regierung sein. Aber ich persönlich mache Politik mit Gewissen und in Verantwortung mit ethischen Grundsätzen. Gegen Stuttgart 21 bin ich zum Beispiel nicht aus ideologischen Gründen – das Projekt taugt verkehrlich einfach nicht.
Wie sind Sie eigentlich mit der Verteilung der Ressorts zufrieden? Für den neutralen Beobachter hat die SPD kräftig abgesahnt – alle Schlüsselressorts und dann noch das sehr interessante, neue Integrationsministerium.
Wir Grüne mussten in den Koalitionsverhandlungen Kompromisse machen. Allerdings haben wir die Schlüsselressorts der Modernisierung. Dazu zähle ich auch das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, das ich zukünftig leiten soll.
Stimmt es, dass die SPD bis zum Schluss um das Verkehrsministerium gekämpft hat?
Ja, das stimmt.
Wie sehen Sie als Verkehrsminister die Zukunft der Autoindustrie? Winfried Kretschmann hat für seine Äußerungen ja bereits Prügel bezogen.
Klar ist: Wir brauchen in Zukunft mehr klimafreundliche Fahrzeuge. Oder, anders gesagt: Grüne, globalisierbare Autos. Die teuren Spritschlucker sind ein Produkt der Vergangenheit. Wenn wir die 200.000 Arbeitsplätze in der Branche erhalten wollen, brauchen wir dringend ökologischere Produkte, zum Beispiel Elektroautos. Sonst fahren in Deutschland in zehn Jahren nur noch Autos aus Asien und die Arbeitsplätze sind weg. Wir müssen Mobilität in Zukunft ganzheitlich denken.
Die Autoindustrie, Stuttgart 21 – bleiben da für den neuen Verkehrsminister überhaupt noch Spielfelder?
Natürlich. Das Stichwort heißt „nachhaltige Mobilität“, wir brauchen neue Mobilitäts- und Logistikkonzepte, insbesondere für die Ballungsräume. Wir Grüne wollen außerdem die Schienen elektrifizieren, eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Politik betreiben.
Sie sind ja selbst passionierter Radfahrer. Gönnen Sie sich trotzdem einen Dienstwagen?
Ich werde sicher für den ein oder anderen Termin mit einem Dienstwagen vorfahren, das lässt sich ja nicht vermeiden. Ich möchte aber ein vorbildlicher Verkehrsminister sein: Ein Spritfresser als Dienstwagen kommt nicht in Frage. Minister sollten prinzipiell auch Rad und Bahn fahren.
Werden Sie sich als Minister verändern, zum Beispiel den winzigen Stecker aus Ihrem Ohrläppchen nehmen?
Der Stecker bleibt auf jeden Fall drinnen. Aber Veränderungen gibt es trotzdem: Als Minister werde ich ab und an sicher mal Krawatte tragen und eben mit einem Dienstwagen vorfahren, wenn es nicht anders geht.
Herr Hermann, Sie sind bekennender Pazifist. Wie hart wird denn der Kampfum Stuttgart 21? Der Kampf wird sicher nicht ganz einfach. Aber es geht um die Auseinandersetzung in der Sache, das ist nicht mit Krieg vergleichbar. Ich werde in meiner neuen Funktion als Verkehrsminister alles tun, damit der Diskurs um Stuttgart 21 rational abläuft. Warum wollen Sie das heikle Amt überhaupt? Schließlich standen auch andere Kandidaten, zum Beispiel der grüne Verkehrsexperte Werner Wölfle, in den Startlöchern. Ich bringe viel Erfahrung in der Verkehrspolitik mit, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Nicht zuletzt aufgrund meiner Position als Vorsitzender des Verkehrsausschusses kann ich mit allen Beteiligten auf Augenhöhe sprechen; übrigens auch mit Bahnchef Grube. Außerdem beschäftige ich mich seit 1992 mit Stuttgart 21. Es gab also einige Punkte, die für mich sprachen. Aber Werner Wölfle ist natürlich auch hochkompetent, gerade in Sachen Stuttgart 21. Haben Sie Angst, der erste Buhmann im neuen Kabinett zu werden, wenn Stuttgart 21 gebaut wird? Wir werden sehen, ob Stuttgart 21 gebaut wird. Der Buhmann werde ich nur dann sein, wenn ich alles falsch mache, also Mist baue. Dann würde ich auch mich selbst in Frage stellen. Ich möchte auch betonen, dass ich allein auf keinen Fall Stuttgart 21 verhindern kann. Im Koalitionsvertrag haben wir ein klares Prozedere festgelegt. Erst wollen wir den Stresstest kritisch begleiten. Dann wollen wir alle Fakten auf den Tisch legen, insbesondere die Kosten müssen ordentlich berechnet sein; auch jene eines möglichen Ausstiegs. Sollte es wirklich noch zu einer Volksabstimmung kommen, müssen die Bürger alle verfügbaren Informationen haben, um sich für oder gegen Stuttgart 21 zu entscheiden. Das Ergebnis werde ich dann akzeptieren. Zusammengefasst also: Winfried Hermann, der im Herbst gesagt hat: „Dieses Projekt ist so grundschlecht, dass man die besten Broschüren machen kann und trotzdem jeder merkt, dass es Mist ist“, jener Winfried Hermann wird zum S-21-Bauherr. Wie gesagt: Ich bin guter Dinge, dass Stuttgart 21 nicht gebaut wird. Bauherr werde ich im übrigen nie sein: Die Deutsche Bahn ist Bauträger, nicht das Land Baden-Württemberg. Sie haben den Stresstest erwähnt. Sind Sie da jetzt eigentlich mit dabei? Das werden wir unverzüglich besprechen, sobald die neue Regierung im Amt ist. Klar ist: Wir als grün-rote Regierung wollen beim Stresstest mit dabei sein. Läuft der Stresstest nicht schon längst? Der Stresstest ist schon angelaufen, das stimmt. Allerdings wurden bisher vor allem Infrastrukturdaten eingegeben, also Vorbereitungen getroffen. Jetzt wird der Fahrplan draufgelegt, also jene Simulation durchgespielt, die zeigen soll, dass der neue Bahnhof wirklich 30 Prozent mehr Leistung bringt. Entscheidend ist, welche Daten beim Stresstest eingegeben werden. Wir wollen natürlich eine kundenfreundliche Simulation. Sie setzen als Grüne ja auf den Stresstest. Im Koalitionsvertrag steht: Falls Stuttgart 21 teurer als 4,5 Milliarden Euro wird, gibt Baden-Württemberg für das Projekt kein Geld mehr aus. Was machen Sie, wenn jemand anderes die Zeche zahlt? Am wichtigsten beim Stresstest ist und bleibt die Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs. Wir befürchten weiterhin einen Engpass. Aber ich glaube nicht, dass Bund oder Bahn aufkommende Mehrkosten und Risiken einfach übernehmen, die technisch nicht oder nur mit großem Zusatzaufwand überwunden werden können. Wie schaut es mit einer Verlängerung des Bau- und Vergabestopps aus? Die Bahn will ja, sobald Ihre Regierung im Amt ist, neue Aufträge vergeben. Auch darüber sprechen wir mit der Bahn. Wir fordern, dass der Bau- und Vergabestopp verlängert wird. Unsere Position ansonsten ist eindeutig: Die Bahn hat das Projekt in einer Demokratie angefangen. In einer Demokratie kann es Regierungswechsel und Volksentscheide geben. Zwei zentrale Punkte des Projekts, der Abstellbahnhof Untertürkheim und die Anbindung zum Flughafen, sind auch noch nicht planfestgestellt. Die Bahn ist mit dem Baubeginn ein hohes Risiko eingegangen und wird diese durch Weiterbauen erhöhen. Gehen Sie nicht auch hohes Risiko? Bei einem möglichen Ende von Stuttgart 21 will die Bahn einen Schadensersatz in Höhe von Minimum 1,4 Milliarden Euro einklagen. Ich sehe das anders als die Bahn. Die Hälfte der Ausstiegskosten sind letztendlich ein zinsloser Kredit. Da hat die Bahn 459 Millionen Euro von der Stadt Stuttgart bekommen. Die Stadt hat aber im Gegensatz noch nichts von den Grundstücken gesehen. Bei einer Rückabwicklung wäre die Stadt Stuttgart der Gewinner und bekäme heute mit Zinsen ca. 750 Mio. zurück. Experten, denen ich vertraue, sprechen von rund 500 Millionen Euro tatsächlichen Ausstiegskosten – traurig ist, dass mit dem Geld schon längst der Kopfbahnhof modernisiert wäre. Wenn das Projekt Stuttgart 21 den Stresstest übersteht, gibt es kaum noch eine Ausstiegschance. Bei einer möglichen Volksabstimmung im Herbst können Sie doch das hohe Quorum nie schaffen. Mehr als 2,5 Millionen Bürger müssten gegen Stuttgart 21 stimmen. Ohne Zweifel würde es schwer werden, das Quorum unter diesen Bedingungen zu schaffen. Das ist aber auch eine Herausforderung für die neue Bürgergesellschaft. Wir müssen einfach mobilisieren. Eine mögliche Volksabstimmung wird auch zeigen, wie zufrieden die Bürger mit ihrer neuen Regierung sind. Wieso hat Grün und Rot vor Monaten nicht zugestimmt, als Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg das Quorum von 33 Prozent auf 25 Prozent senken wollte. Wir Grüne wollen eine umfassende Erleichterung der Bürgerbeteiligung und bei Entscheidungen eigentlich gar keine Quorren. Die Bürger sollen abstimmen und dann entscheidet die Mehrheit. Bleibt der kommende Verkehrsminister Hermann ein Kritiker der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen? Im Koalitionsvertrag steht, dass die Regierung zum Neubau der Strecke Wendlingen-Ulm steht. Das gilt grundsätzlich. Im Vertrag steht nicht, dass daran keine Kritik geäußert werden darf. Ich bleibe bei meiner persönlichen Überzeugung: Da wird viel Geld in eine Strecke investiert, auf der keine modernen Güterzüge verkehren können. Sie gelten ja politisch als Überzeugungstäter, lehnen zum Beispiel den Afghanistaneinsatz ab. Sind Sie das neue linke Gewissen der Regierung? Ich zähle mich durchaus zu den Linken in der Gesellschaft und in meiner Partei, bin aber kein Fundi. Ich sehe mich als pragmatischen Linken, der Dinge kritisch sieht. Ich kann nicht das linke Gewissen der Regierung sein. Aber ich persönlich mache Politik mit Gewissen und in Verantwortung mit ethischen Grundsätzen. Gegen Stuttgart 21 bin ich zum Beispiel nicht aus ideologischen Gründen – das Projekt taugt verkehrlich einfach nicht. Wie sind Sie eigentlich mit der Verteilung der Ressorts zufrieden? Für den neutralen Beobachter hat die SPD kräftig abgesahnt – alle Schlüsselressorts und dann noch das sehr interessante, neue Integrationsministerium. Wir Grüne mussten in den Koalitionsverhandlungen Kompromisse machen. Allerdings haben wir die Schlüsselressorts der Modernisierung. Dazu zähle ich auch das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, das ich zukünftig leiten soll. Stimmt es, dass die SPD bis zum Schluss um das Verkehrsministerium gekämpft hat? Ja, das stimmt. Wie sehen Sie als Verkehrsminister die Zukunft der Autoindustrie? Winfried Kretschmann hat für seine Äußerungen ja bereits Prügel bezogen. Klar ist: Wir brauchen in Zukunft mehr klimafreundliche Fahrzeuge. Oder, anders gesagt: Grüne, globalisierbare Autos. Die teuren Spritschlucker sind ein Produkt der Vergangenheit. Wenn wir die 200.000 Arbeitsplätze in der Branche erhalten wollen, brauchen wir dringend ökologischere Produkte, zum Beispiel Elektroautos. Sonst fahren in Deutschland in zehn Jahren nur noch Autos aus Asien und die Arbeitsplätze sind weg. Wir müssen Mobilität in Zukunft ganzheitlich denken. Die Autoindustrie, Stuttgart 21 – bleiben da für den neuen Verkehrsminister überhaupt noch Spielfelder? Natürlich. Das Stichwort heißt „nachhaltige Mobilität“, wir brauchen neue Mobilitäts- und Logistikkonzepte, insbesondere für die Ballungsräume. Wir Grüne wollen außerdem die Schienen elektrifizieren, eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Politik betreiben. Sie sind ja selbst passionierter Radfahrer. Gönnen Sie sich trotzdem einen Dienstwagen? Ich werde sicher für den ein oder anderen Termin mit einem Dienstwagen vorfahren, das lässt sich ja nicht vermeiden. Ich möchte aber ein vorbildlicher Verkehrsminister sein: Ein Spritfresser als Dienstwagen kommt nicht in Frage. Minister sollten prinzipiell auch Rad und Bahn fahren. Werden Sie sich als Minister verändern, zum Beispiel den winzigen Stecker aus Ihrem Ohrläppchen nehmen? Der Stecker bleibt auf jeden Fall drinnen. Aber Veränderungen gibt es trotzdem: Als Minister werde ich ab und an sicher mal Krawatte tragen und eben mit einem Dienstwagen vorfahren, wenn es nicht anders geht.
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